6. Februar 2015
Bildungsteilzeit – David Fritz, Daimler Wörth
Bildungsteilzeit – dann wäre vieles einfacher
Nach der Ausbildung noch was draufsatteln – das wär’s! So denken viele junge Beschäftigte. Sie wissen, wie wichtig Bildung ist und ihre Bereitschaft zum Lernen ist hoch. David Fritz, Azubi bei Daimler, würde gerne nach seiner Prüfung zum KFZ-Mechatroniker noch was draufsatteln. Doch er sieht ...

... auch die Probleme. Für ihn käme eine Bildungsteilzeit, wie sie die IG Metall fordert, gerade recht.

Noch ist David Fritz in der Ausbildung. Er will KFZ-Mechatroniker werden und lernt diesen Ausbildungsberuf im 2. Jahr bei Daimler in Wörth. Doch Fritz weiß bereits jetzt, dass ihn seine Tätigkeit als KFZ-Mechatroniker nicht sein ganzes Arbeitsleben lang zufrieden stellen wird. Nach der Abschlussprüfung will der 23-Jährige daher noch den Techniker machen. Mit diesem Wunsch ist er nicht allein. „Bei uns im Ausbildungsjahrgang will das jeder Zweite“, sagt David Fritz. Doch ihm ist auch klar, dass es eine harte Zeit wird, wenn er sich nach der Prüfung noch weiter qualifizieren will.


Um den Techniker nach der Ausbildung zu machen, sieht David Fritz zwei Modelle. Doch ideal ist keines davon. Die eine bedeutet, dass er zwei Jahre lang komplett aus dem Betrieb raus geht und wieder die Schule besucht. Also eine Ausbildung in Vollzeit. Von der Belastung her wäre es die beste Lösung, doch dafür fehlt ihm das Geld. Der 23-Jährige hat zwar noch keine eigene Familie und wohnt noch bei seinen Eltern, doch hier möchte er eigentlich auch nicht mehr lange bleiben. Um den persönlichen Bedarf zu finanzieren, braucht man Geld. „Schließlich will ich meiner Freundin auch nicht auf der Tasche liegen“, erklärt er. Die einzige Möglichkeit, sich etwas dazu zu verdienen, ist in seinem jetzigen Ausbildungsbetrieb Daimler der Flexipool. Dieser Pool vermittelt Ferienjobs in dem Unternehmen. Doch ob das nicht trotzdem knapp wird? Das befürchtet David Fritz.

Jeder Zweite will sich weiterbilden

Die andere Möglichkeit, den Techniker nach der Ausbildung zu machen, ist die Variante Teilzeit. Dafür würde Fritz an zwei Wochentagen und am Samstag noch mal zur Schule gehen. Das dauert dann insgesamt vier Jahre, ist natürlich ziemlich anstrengend und die Abbrecherquote ist dementsprechend hoch. Denn man muss neben dem Job und der Schule ja in der Freizeit auch noch lernen. Dazu ist David Fritz selbstverständlich bereit, doch er hat gleichzeitig Angst davor, die Belastung nicht auszuhalten.


Den Wunsch nach Weiterbildung haben viele Beschäftigte. Sie wollen nach der Ausbildung noch etwas dazulernen, um die berufliche Zukunftsperspektiven und die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern. Sie wissen, dass sich die Tätigkeiten und Anforderungen im Arbeitsalltag schnell ändern und schon nach einigen Jahren die Qualifikationen nicht mehr aktuell sind. Auch bei Daimler ist das so, erzählt Fritz. Sein Ausbildungsgang ist der erste Jahrgang, zu dem ein extra Schein für Hochvoltbatterien gehört. Zu Recht fragt er sich, was mit den Azubis ist, die vor ihm die Ausbildung gemacht haben und denen nun dieser Schein fehlt. Das zeigt, wie sich permanent die betrieblichen Anforderungen verändern und wie notwendig Weiterbildung ist – auch für die Unternehmen.


David Fritz wägt seine Möglichkeiten nüchtern ab. Egal für welches Modell der Weiterbildung sich der 23-Jährige entscheidet – er weiß, dass viele vor ihm es nicht geschafft haben. Entweder, weil irgendwann das Geld knapp wurde oder die Arbeits- und Lernbelastung zu hoch war. Dazu kommt noch die Ungewissheit, wie es nach der Technikerprüfung weitergeht. Findet er anschließend einen Arbeitsplatz entsprechend der neuen höheren Qualifikation oder muss er doch ans Band zurückkehren, wie viele schon vor ihm.


Betriebsvereinbarung garantiert Rückkehrrecht
Die Möglichkeiten bei dem Lastwagenbauer Daimler sind zwar gut – auch wegen einer Betriebsvereinbarung Qualifizierung, die dort gilt. Doch auch danach gibt es bei dem LKW-Bauer für die, die für eine Weiterqualifizierung zeitweise aus dem Job ausssteigen, nur eine Rückkehrgarantie auf einen vergleichbaren Job wie zuvor. Für David Fritz bedeutet das, einen Arbeitsplatz am Band für den Fahrkabinen-Innenausbau. Denn dort wird er voraussichtlich nach seiner Abschlussprüfung als KFZ-Mechatroniker eingesetzt werden.


„Richtig klasse“, findet David Fritz die Forderung der IG Metall für eine Bildungsteilzeit. „Damit wäre es viel einfacher für mich, den Techniker noch zu machen. Denn ich würde eine finanzielle Unterstützung bekommen, mit der ich mich während der Weiterbildung über Wasser halten kann“.


Digitalisierung, Industrie 4.0. und Elektromobilität – für die IG Metall ist klar, dass hier etwas passieren muss. Die Beschäftigten brauchen faire Teilhabechancen an beruflicher Bildung. Dann können sie sich besser und schneller fit machen, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen der heutigen Zeit zu bewältigen. Eine Bildungsteilzeit, wie sie die IG Metall in der nächsten Tarifrunde fordert, ist dafür die richtige Lösung: Die Unternehmen brauchen qualifizierten Nachwuchs.

Facharbeiter sollen ihren Techniker-, Bachelor- oder Masterabschluss machen können. Das kostet Zeit und Geld – und dies kann nicht nur dem Einzelnen aufgebürdet werden. Hier sind die Arbeitgeber zu beteiligen, wie es die IG Metall in der Tarifrunde für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie fordert.


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