Interview mit Anja Mohn, Aufsichtsrätin bei Bosch Rexroth
„Die Beschäftigten kennen sich oft besser aus“

Was bringt eigentlich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat für die Beschäftigten? Und warum setzen die Arbeitnehmer-Aufsichtsräte nicht noch mehr durch? Darüber sprachen wir mit Anja Mohn, Maschinenbautechnikerin im Vertrieb, Betriebsrätin und Aufsichtsrätin beim Maschinenbauer ...

20. Juli 201620. 7. 2016


... Bosch Rexroth.

Was haben Eure Beschäftigten bei Bosch Rexroth von Eurer Mitbestimmung im Aufsichtsrat?

Anja Mohn: Wir setzen Konzepte und neue Arbeitsabläufe durch, mit denen wir langfristig Arbeitsplätze sichern. Dazu gehören auch Alternativen für Einsparungen anstelle von Kosteneinsparungen beim Personal. Das schaffen wir jedoch nicht allein durch unsere Mitbestimmung im Aufsichtsrat, sondern immer im Verbund mit den Betriebsräten und den IG Metall-Vertrauensleuten.

Gibt es Beispiele für Konzepte, die Ihr durchgesetzt habt? Und wie hat das funktioniert?

Vor ein paar Monaten haben wir ein Gegenkonzept im Bereich Industrial Applications, insbesondere in der Industriehydraulik entwickelt, das zuvor der Betriebsrat mit Vertrauensleuten und Beschäftigten als Experten entwickelt hat. Dadurch konnten wir den vom Arbeitgeber geplanten Abbau von Arbeitsplätzen reduzieren und mehr Nachhaltigkeit für die Zukunft erreichen.

Sind Konzepte nicht eigentlich Aufgabe der Geschäftsführung?

Eigentlich ja, aber die Beschäftigten kennen sich oft besser aus. Das Konzept der Geschäftsleitung war nicht plausibel. Wir haben dann externe Berater dazu geholt, die Beschäftigte und Betriebsräte befragt haben. Auf dieser Basis haben wir unser Gegenkonzept entwickelt.

Und wie habt Ihr das dann im Aufsichtsrat durchgesetzt?

Wie gesagt: Das geht nicht über den Aufsichtsrat allein. Die Beschäftigten haben dafür vor Ort Druck gemacht, wofür unsere IG Metall-Vertrauensleute mobilisiert haben. Der Betriebsrat beziehungsweise Gesamtbetriebsrat hat unser Konzept mit dem Vorstand besprochen – dort allerdings kein Gehör gefunden. Doch dann haben wir uns im Aufsichtsrat durchgesetzt, indem wir den Aufsichtsratsvorsitzenden davon überzeugt haben. An den einzelnen Standorten haben unsere Betriebsräte dann unsere Konzepte mit den Geschäftsleitungen vor Ort verhandelt. Das hätten wir ohne unsere Mitbestimmung im Aufsichtsrat nicht für unsere Kolleginnen und Kollegen geschafft.

Das bedeutet, ihr könnt über den Aufsichtsrat alles erreichen? Oder gibt es auch Grenzen für Eure Mitbestimmung?

Das Problem ist, dass wir als Bosch Rexroth nicht mehr selbstbestimmt sind, sondern unsere Vorstände durch unsere Konzernmutter Bosch fremdbestimmt sind. Das schränkt unsere Mitbestimmung deutlich ein.

Ist das nur bei Euch so? Oder hat die Mitbestimmung auf Unternehmensebene ein generelles Problem?

Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten anderer Unternehmen haben ähnliche Probleme. Die Unternehmen werden immer globaler, gliedern sich auf und verwenden andere Rechtsformen, etwa Holdings, Limiteds oder Europäische Aktiengesellschaften. Dadurch fallen die Entscheidungen nicht mehr auf der Unternehmensebene, auf der wir Mitbestimmung haben, sondern auf einer anderen Ebene darüber.

Was muss passieren, damit die Mitbestimmung wieder gestärkt wird?

Viele fordern bessere Gesetze. Ich finde, dass wir zunächst die Rechte, die wir haben, konsequenter umsetzen müssen. Wir erhalten im Aufsichtsrat oft keine ausführlichen Informationen vom Arbeitgeber. Das müssen wir künftig viel konsequenter und nachhaltiger einfordern. Auf der anderen Seite müssen wir mehr Bewusstsein bei unseren Beschäftigten schaffen. Die meisten interessieren sich nicht für Mitbestimmung. Sie sehen den Nutzen nicht und engagieren sich auch nicht. Das müssen wir ändern. Unser Beispiel mit dem Konzept für Industrial Applications etwa zeigt: Um uns durchzusetzen, brauchen wir den Rückhalt durch möglichst viele IG Metall-Mitglieder. Deshalb bin ich ständig dabei, neue Mitglieder für die IG Metall zu werben.

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen