Internationaler Kongress: Gutes Leben für alle
Die Zeit ist reif für einen Kurswechsel

Finanzmärkte ruinieren mit Spekulationen Firmen und nötigen Staaten und Steuerzahlern die Risiken auf. Auf dem Arbeitsmarkt, beim Ressourcenverbrauch und bei der Verteilungsgerechtigkeit liegt vieles im Argen. Die Zeit ist reif für einen Kurswechsel in Richtung gute Arbeit, Gerechtigkeit und ...

3. Dezember 20123. 12. 2012


... ökologischen Wandel. Den will die IG Metall mit einer Debatte anstoßen – mit Experten aus aller Welt vom 5. bis 7. Dezember in Berlin.

Genau 40 Jahre ist es her, als die IG Metall in Oberhausen ihren ersten großen Zukunftskongress veranstaltete. „Aufgabe Zukunft: Qualität des Lebens“ hieß er. Der Glanz des bundesdeutschen „Wirtschaftswunders“ war Anfang der 70er Jahre matt geworden. Schon 1969 hatte der neu gewählte Kanzler Willy Brandt seinen berühmten Satz gesagt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Denn im Alltagsleben, vor allem in der Wirtschaft, hatten die angeblich „mündigen Bürger“ nicht viel zu vermelden.

Grenzen des Wachstums

Arbeiterkinder hatten kaum Chancen auf Bildung. Das Verkehrssystem kam mit dem Autoboom nicht mit und zwang Berufspendlern nervtötende Wartezeiten im Stau auf. Industrieabwässer verdreckten Flüsse und Seen, der Qualm aus Fabrikschloten und Auspuffen verpestete die Luft. Die Nachkriegsgesellschaft hatte „viel privaten Reichtum und große öffentliche Armut“ produziert, wie der damalige IG Metall-Vorsitzende Eugen Loderer diagnostizierte.

„Dringende Gemeinschaftsaufgaben kamen zu kurz“. Im Jahr des IG Metall-Kongresses stellte der Club of Rome seine Studie über die Grenzen des Wachstums vor, in dem er Raubbau an der Natur, Rohstoffausbeutung und Umweltschäden anprangerte. Vielen war damals klar: Ein „Weiter so“ geht nicht mehr.

Seit 1972 ist viel passiert. Die Flüsse sind sauberer geworden. Smogalarm ist kein Thema mehr. Die Wälder sind immer noch geschädigt, aber das große „Waldsterben“ blieb aus. Eine Reihe von gefährlichen Giftstoffen, wie Asbest und Fluorchlorkohlenwasserstoffe, sind weitgehend aus der Produktion und den Produkten verschwunden. Autos fahren heute bleifrei und mit Rußfilter.

Neue und alte Probleme

Aber viele Probleme sind geblieben, einige tauchten wieder auf, neue kamen hinzu. Berufspendler stehen immer noch täglich im Stau. Die Rohstoffe werden weiter ausgebeutet. Mit den aufstrebenden Industrieländern in Asien und Südamerika nimmt der Hunger nach Energie, Metallen und seltenen Erden weltweit zu.

Umweltprobleme sind nicht aufgehoben. Sie haben sich verschoben. Im globalen Wettbewerb machen Schwellenländer europäischen Standorten Konkurrenz, indem sie auf Umweltschutz verzichten. Den Preis zahlen die Menschen in diesen Ländern mit verschmutzten Flüssen und Seen oder gerodeten Wäldern.

In der Bildungspolitik gab es eine kurze Zeit des Aufbruchs. Die sozialliberale Koalition ermöglichte in den 70er-Jahren mehr Kindern aus Arbeiterfamilien höhere Bildungsabschlüsse. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) stellte fest, dass die Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem nie größer war als in den 70er Jahren.

Mit den Änderungen des Betriebsverfassungsgesetzes wurde in den 70er Jahren die Mitbestimmung verbessert. Aber später gab es auf dem Arbeitsmarkt große Rückschritte. Die rot-grüne Agenda-Politik brachte neue Probleme. Niedriglohn und Leiharbeit breiteten sich aus.

Klimawandel war noch kein Dauerthema, als die IG Metall vor 40 Jahren die Fragen der Zukunft diskutierte. Seit 20 Jahren will die Staatengemeinschaft die Emissionen von Treibhausgas verringern. Das Gegenteil ist passiert: 2011 erreichte der weltweite Ausstoß des Klimakillers CO2 einen neuen Rekord.

Die IG Metall hat die Zukunftsfragen nie aus den Augen verloren. 1991 formulierte sie „zehn Vorschläge und Forderungen zu Auto, Umwelt und Verkehr“. Sie sind erstaunlich aktuell. Da ist etwa von besserer Vernetzung von Autos, Bahnen und anderen Verkehrsträgern die Rede. Und von einem Auto, das wenig Sprit verbraucht, möglichst abgasfrei fährt, mit Elektro- oder Hybridmotor auf Basis erneuerbarer Energiequellen angetrieben wird und dessen Teile recycelbar sind.

Fortschritt war für die IG Metall nie Selbstzweck. Sie hatte dabei immer die Beschäftigten im Blick. So brachte die Informationstechnologie zahlreiche neue Arbeitsplätze. Hohe Erwartungen haben Experten auch an die Energiewende. Sie könnte in den nächsten 13 Jahren bis zu einer Million neue Stellen in Deutschland schaffen.

Neue Chancen

Die Diskussion über die Zukunft geht in Berlin weiter. Die IG Metall will mit Experten und Expertinnen aus aller Welt vom 5. bis 7. Dezember neue und alte Fragen erörtern. Es geht um eine neue Richtung in der Politik, in den Betrieben und in der Gesellschaft.

Das sind die Ziele: Gute Arbeit, die gesund ist, von der man leben kann, und die genug Zeit für Privates lässt. Eine Gesellschaft, die gerecht und solidarisch ist und allen Menschen Chancengleichheit bietet und die ihnen als Bürgern und Arbeitnehmern mehr Mitspracherechte gibt. Eine Wirtschaft, die den notwendigen ökologischen Wandel und die Energiewende als Chance begreift, um technologisch, ökologisch und sozial erfolgreiche Zukunftsprojekte zu starten.
Mehr erfahren und mitdiskutieren auf IG Metall-Kurswechsel.de
Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen