16. Oktober 2013
Interview mit Jochen Schroth zur Arbeit der Task-Force Krisen...
Strategisch handeln, besser statt billiger produzieren
Nicht immer geht es bei der IG Metall um Tarif. Auch was und unter welchen Bedingungen in den Firmen hergestellt wird, liegt der Gewerkschaft am Herzen. Sie engagiert sich, wenn Unternehmen allein auf Profitmaximierung setzen. Langfristig hat ein Billig-Wettbewerb fatale Folgen – für ...

... Beschäftigte und Unternehmen. Die Task-Force Krisenintervention der IG Metall bietet Beratung an.

Unter dem Motto „besser statt billiger“ ist die IG Metall und ihre Task-Force-Krisenintervention in den Firmen aktiv für gute Arbeits- und Lebensbedingungen. Sie will die Beschäftigung und die Einkommen sichern, Gute Arbeit möglich machen und praxistaugliche Alternativen für nachhaltiges Wirtschaften aufzeigen. Wir sprachen mit Jochen Schroth, Ressortleiter Vertrauensleute und Betriebspolitik bei der IG Metall, über seine Erfahrungen mit der Task-Force.


Jochen, als die Task-Force-Krisenintervention mit ihrer Arbeit 2009 während der Wirtschaftskrise begonnen hat, ging es in erster Linie darum, Unternehmen krisenfest zu machen. Zur Zeit ist die wirtschaftliche Situation besser und die Auftragslage der meisten Firmen jedoch gut. Wie wirkt sich das auf die Task-Force aus?
Jochen Schroth:
Fachspezifische Beratungsprozesse, um Beschäftigungsproblemen schon mittel- und langfristig besser vorbeugen zu können, haben stark zugenommen. Aber auch Feuerwehreinsätze, bei denen es um das kurzfristige Überleben eines Betriebes geht, gibt es nach wie vor.


Was will die IG Metall mit der Task-Force-Krisenintervention erreichen?

Es geht darum Entlassungen zu verhindern und betriebliche Strukturen mittel- und langfristig zukunftsfähig zu gestalten. Sichere Arbeitsplätze auch in Zukunft, Gute Arbeit und faire Löhne sind das Ziel. Die Strategie dahinter ist „besser statt billiger“. Damit verbindet sich die Grundentscheidung für eine nachhaltige Wettbewerbsstrategie, die ihre Stärke nicht aus billigen Löhnen zu ziehen versucht, sondern aus Innovationen, hochwertigen Produkten, besseren Prozessen und qualifizierten Arbeitskräften. Chancen und Risiken im Betrieb rechtzeitig zu erkennen, alternative Konzepte einzubringen, sagen wie es besser geht – all das erfordert Sachkenntnis und passgenaue Unterstützungsangebote. Dabei hilft die Task-Force-Krisenintervention.

Zu welchen Themen bietet ihr Beratung an?
Neben betriebswirtschaftlichen Beratungsprozessen sind das vor allem Fragen der Produktionssystemgestaltung und Arbeitsorganisation, das Aufzeigen von Einsparpotenzialen bei Material- und Energiekosten, Verbesserungen beim Arbeitsschutz, der Personalentwicklung und Qualifizierung der Belegschaft oder das Initiieren von „besser statt billiger“-Prozessberatungen. Bei Bedarf vernetzten wir auch Betriebsratsgremien mit ähnlichen betriebspolitischen Problemlagen oder holen auch mal einen Arbeitswissenschaftler mit ins Boot.

Sehr häufig geht es ja dabei darum, in den Produktionsprozess einzugreifen. Werden dabei die Beschäftigten beteiligt?
Das ist unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen solcher Prozesse. Das Erfahrungswissen der Belegschaft ist ein Schatz, den Vertrauensleute und Betriebsräte in Kooperation mit arbeitsorientierten Beratern zur Entwicklung eigener Ideen oder der Beurteilung von Plänen der Geschäftsleitung nutzen können und müssen. Je mehr die Beschäftigten in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, umso größer ist letztlich auch die Durchsetzungsstärke des Betriebsrats und der IG Metall. Die IG Metall-Bezirksleitung NRW hat dazu einen „Beteiligungscheck“ entwickelt. Wir arbeiten auch viel mit InnoKenn, einem dialog- und beteiligungsorientierten Diagnosewerkzeug, das Belegschaften dabei unterstützt, zu erkennen und zu beurteilen, wie innovativ das eigene Unternehmen tatsächlich ist. Gewerkschaftliche Stellvertreterpolitik war definitiv gestern.

In welcher Situation können sich Betriebsräte an die Task-Force wenden?
Immer dann, wenn wir uns von dem Task-Force-Einsatz einen Beitrag zur kurz-, mittel- oder auch langfristigen Sicherung der Beschäftigung im jeweiligen Betrieb oder Unternehmen erhoffen.

Tatsächlich ist die Situation von Betrieb zu Betrieb anders. Eine Standardlösung gibt es nicht. Wie geht ihr die Probleme an?
Das wichtigste am Anfang eines Beratungsprozesses ist die Auftrags- und Rollenklärung. Was ist der konkrete Beratungsbedarf? Wer macht was? Wie gewährleisten wir, das die Mannschaft von Anfang an mit im Boot sitzt? Auf welche Werkzeuge und Unterstützungsmöglichkeiten können wir zurückgreifen? Und zu guter Letzt, was ist notwendig, um die Nachhaltigkeit unseres Tuns zu gewährleisten.

Wie reagieren die Unternehmen, wenn die Task-Force gemeinsam mit den Betriebsräten tätig wird?
Viele Unternehmensleitungen sind überrascht über so viel Kompetenz auf der anderen Seite des Verhandlungstisches.

Wann und wo ist euch ein besonderer Erfolg gelungen?
In einer gemeinsamen Handreichung mit dem Bundesarbeitsministerium haben wir jüngst einige Beratungseinsätze exemplarisch aufbereitet. Aber es ist schwierig, einzelne Beispiele hervorzuheben. Weil die betriebliche Situation sich immer anders darstellt. Generell kann ich aber sagen: In rund 400 Fällen haben wir bislang betriebliche Einsätze finanziert. In fast 80 Prozent haben wir nach Angaben der betroffenen Betriebsräte und Gewerkschaftssekretäre vor Ort erkennbare Vorteile erreicht: verhindert, dass Menschen entlassen, Standorte oder Teile geschlossen, Sonderzahlungen gekürzt oder Tariferhöhungen nicht gezahlt wurden. Indem wir betriebliche Innovationsprozesse auf den Weg gebracht haben oder belegten, dass die Lage nicht so schlecht war, wie die Arbeitgeber vorgaben. Das kann sich – wie ich finde – sehen lassen.


Informationen rund um die Task-Force Krisenintervention

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