26. Juni 2012
Iveco Magirus: Verlagerung der LKW-Produktion nach Spanien
Opfer der Sparpolitik
Die Sparpolitik in Europa fällt auf die deutschen Beschäftigten zurück: Die Krisen-Länder sparen und kürzen Löhne. Unternehmen nutzen das und verlagern Jobs dorthin. So wie die LKW-Fertigung von Iveco Magirus in Ulm, die Ende September nach Spanien gehen soll.

Der Nutzfahrzeug-Hersteller Iveco Magirus will Ende September seine LKWProduktion in Ulm dicht machen und ins Schwesterwerk Madrid verlagern. Dies wird 670 der 1070 Arbeitsplätze in der Montage kosten. Dafür soll Ulm zum Zentrum für Feuerwehrfahrzeuge ausgebaut werden – wiederum auf Kosten anderer Werke: Weisweil im Breisgau mit 180 Arbeitsplätzen stünde dann vor dem Aus. Zudem sind Görlitz, Graz und das französische Chambéry bedroht. Die Entscheidung verkündete das Management auf Betriebsversammlungen Anfang Mai. Die Begründung: Unterauslastung. „Höchst fragwürdig“, findet das der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Wilfried Schmid. „Wir haben hier ein Netzwerk aus Forschung und Zulieferern vor der Haustür – und 95 Jahre Erfahrung im Nutzfahrzeugbau. Tatsächlich sieht Fiat doch nur die niedrigeren Lohnkosten in Spanien.“

 

Unfaire Sparkonkurrenz

Bislang haben Ulm und Madrid Produktion und Auslastung immer fair geteilt, erklärt Michael Braun von der IG Metall Ulm und Iveco-Konzernbetreuer. „Das hat in den letzten Jahren trotz Krise und Unterauslastung gut funktioniert.“ Dieses Abkommen bröckelt nun. Denn in Spanien ist die Arbeitslosigkeit extrem gestiegen und die Not groß. Nicht nur wegen der Wirtschaftskrise, sondern auch durch die Sparpolitik in Europa. Die Krisenländer reagieren mit Sozial- und Lohnabbau. In Spanien etwa dürfen Firmen Löhne kürzen, wenn ihr Gewinn neun Monate in Folge zurückgegangen ist. Ein klarer Anreiz für Verlagerungen. „Merkels Sparpolitik fällt nun als unlauterer Standortwettbewerb auf uns zurück“, kritisiert Schmid. Zudem führen Krise und Sparpolitik zu Absatzeinbrüchen in Südeuropa, unter den Iveco besonders leidet. In Italien und Spanien sind die LKW-Neuzulassungen massiv zurückgegangen.

 

Alternativen

Die Beschäftigten in Ulm und Weisweil wollen kämpfen. „Nicht mit Streiks“, betont Schmid. „Wir wollen ja arbeiten.“ Sondern mit Aktionen in den Betrieben und auf den Straßen. Bis dato haben sie 21 000 Unterschriften gesammelt. Und sie planen eine Reihe weiterer öffentlichkeitswirksamer Aktionen. Zugleich loten Betriebsrat und IG Metall gemeinsam mit Beratern seit Monaten fieberhaft Alternativkonzepte aus. Die baden-württembergische Landesregierung sitzt mit am Tisch. Sie wollen vor allem von Fiat wissen, wie die „Umstrukturierung“ bis Ende September überhaupt funktionieren soll. Die Feuerwehr-Fahrzeuge in Weisweil etwa werden als Einzelstücke und in Kleinserien gefertigt, derart spezialisiert, dass eine Hau-Ruck-Verlagerung eigentlich unmöglich ist, macht der dort zuständige IG Metall-Sekretär Thomas Bleile klar.

Zudem laufen noch Beschäftigungssicherungsverträge bis Ende November oder länger. Kündigungen können frühestens Anfang 2013 wirksamwerden. „Fiat hat uns eine soziale Lösung versprochen – aber nicht gesagt, wie die aussehen soll“, kritisiert Michael Braun. „Wir wollen eine faire, solidarische Lösung ohne Entlassungen. Und dafür arbeiten wir auch weiter mit unseren europäischen Partnern.“


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