3. Februar 2022
Mitbestimmung
Mehr Mitbestimmung wagen
Die Transformation, die Umstellung auf CO2-neutrale Technologie und die Digitalisierung muss sozial und fair gestaltet werden. Dazu fordert die IG Metall mehr Mitbestimmung für Beschäftigte. In Berlin diskutieren Betriebsräte mit Luisa Neubauer von Fridays for Future und Bundespräsident Steinmeier.

Beschäftigte mit Betriebsrat und Mitbestimmung haben es besser. Die Löhne sind um 8,4 Prozent höher als in Betrieben ohne Betriebsrat. Und die Arbeitsplätze sind sicherer – auch in Zukunft: Mitbestimmte Unternehmen tätigen 40 Prozent mehr langfristige Investitionen.

Die IG Metall will daher die Mitbestimmung ausbauen. Denn die Wirtschaft ist mittendrin in einem historischen Wandel: Die Transformation, die Umstellung auf CO2-neutrale Technolgie, vom Verbrenner auf das Elektroauto, die Digitalisierung läuft. Doch viele Unternehmen haben keine Strategie – außer abbauen, verlagern, dichtmachen.

Beschäftigte, ihre Betriebsräte und die IG Metall wollen den Wandel fair gestalten. Gemeinsam setzen sie Zukunftstarifverträge durch, die Investitionen in Standorte und Qualifizierung sichern. Gerade etwa bei Airbus. Und sie haben es in einigen Unternehmen geschafft, dass die Beschäftigten als Experten die Transformation mitgestalten – etwa bei Continental in Rheinböllen oder Hauni in Hamburg.

Doch das müssen sich Beschäftigte und IG Metall meist Stück für Stück hart erkämpfen. Denn Unternehmer und Kapitaleigner sitzen am längeren Hebel – und am Geldhahn. Sie sind rechtlich nicht verpflichtet, auf die alternativen Konzepte von IG Metall und Betriebsräten einzugehen. Und im Aufsichtsrat haben sie laut Gesetz immer mehr Stimmen als die Arbeitnehmerseite.

Die IG Metall will das ändern und mehr Demokratie, mehr Mitbestimmung wagen.

“Unsere Betriebsrätinnen und Betriebsräte engagieren sich für gute und sichere Arbeitsplätze in einer Zeit großer Veränderungen“, erklärt die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner. „Dafür müssen sie auch proaktiv eingreifen können und beteiligt werden, etwa wenn es um Investitionen in Standorte, um Qualifizierung oder um zukunftsfähige Produkte geht.“  

Darüber diskutieren heute und morgen IG Metall und Betriebsräte in Berlin mit

- Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

- Kanzleramtsminister Wolfgang Schmitt und

- Luisa Neubauer von Fridays for Future.

Ihr könnt Euch unsere Mitbestimmungstagung im Livestream ab 11 Uhr auf teamigmetall.de anschauen.


Beschäftigte berichten: Das hat unser Betriebsrat für uns erreicht
  • Stefanie Schulz, Koordinatorin Kreditorenbuchhaltung, STILL Hamburg

    „Unsere Finanzbuchhaltung wurde verlagert, doch unser Betriebsrat hat unsere Arbeitsplätze gesichert. Von Anfang an hat uns unser Betriebsrat eingebunden und sich laufend mit uns beraten: Wie sehen die Zahlen und Prozesse aus? Tatsächlich ist unsere Arbeit viel komplexer, als es auf den ersten Blick aussieht.  Leider konnte das Outsourcing nicht verhindert werden.“

  • Sandra Merz, Sachbearbeiterin CRM, S&G Automobil, Karlsruhe

    „Dank unseres Betriebsrats gibt es bei uns wieder Altersteilzeit. Viele Ältere können nicht mehr und wollen früher raus. Und die Jüngeren können nachrücken. Wir können mehr Auszubildende in sichere Arbeitsplätze übernehmen. Zudem haben wir unsere zweite Corona-Bonus-Zahlung der Beharrlichkeit unseres Betriebsrats zu verdanken. Betriebsratsarbeit ist wichtig für uns. Ich will da mithelfen. Deshalb kandidiere ich jetzt auch für den Betriebsrat.“

  • Carola Stiefel, Bosch, Bühl/Baden

    „Durch unseren Betriebsrat habe ich über 2000 Euro mehr im Jahr. Als damals der neue ERA-Tarifvertrag bei uns eingeführt wurde, sollte nur eine Kollegin bei uns in der Abteilung die ERA-Entgeltstufe 5 bekommen, alle anderen die 4. Wir sind alle zusammen zum Betriebsrat gegangen. Der hat sich für uns eingesetzt. Alle haben die Entgeltsstufe 5 bekommen.“

  • Dominik Wortmann, Instandhalter, Kostal, Lüdenscheid

    „Dank unserem Betriebsrat darf ich jetzt flexibel arbeiten. Ich pendle jeden Tag von Dortmund nach Lüdenscheid. Da die Autobahnbrücke kaputt ist, muss ich seit Monaten extra früh losfahren, sonst stehe ich drei Stunden im Stau. So bin ich aber eine Stunde vor Arbeitsbeginn im Werk und müsste Däumchen drehen. Doch der Betriebsrat hat durchgebracht, dass ich einfach loslegen kann, sobald ich da bin.“

  • Masoud Kordani, Servicetechniker, Hauni Maschinenbau, Hamburg

    „Unser Betriebsrat hat sich darum gekümmert, dass ich Hilfen in fünfstelliger Höhe für die Operationen meiner krebskranken Frau von meiner Firma bekommen habe. Jedes Mal, wenn wir Fragen oder Probleme haben, auch bei unseren Auslandseinsätzen als Servicetechniker, dann sind unsere Betriebsräte sofort da, geben Antworten und helfen uns. Das beruhigt uns. Du hast immer im Hinterkopf, dass jemand da ist.“

     

  • Sophie Venckus, Maschinenbedienerin, John Deere Mannheim

    „Ich arbeite als Jugendvertreterin eng mit dem Betriebsrat zusammen und weiß wie wichtig dieses Amt ist. Gemeinsam haben wir es geschafft die Anzahl der Ausbildungsplätze um 25 Prozent an unserem Standort zu erhöhen. Gerade junge Menschen, die mitreden und mitwirken wollen, sollten sich also nicht scheuen und bei der bevorstehenden Betriebsratswahl kandidieren.“

  • Namine Yapucu, Ex-Leihbeschäftigte, ZF Wabco, Hannover

    „Ich war bisher Leiharbeiterin und habe dank dem Betriebsrat bei ZF jetzt meinen Festvertrag bekommen. Ich kann positiv in die Zukunft schauen. Bei ZF in Hannover fühlen sich Leiharbeitnehmer wohl. Das liegt auch daran, dass wir gleich behandelt werden mit Stammmitarbeitern auf gleicher Augenhöhe stehen. Sogar beim Entgelt werden wir Leiharbeitnehmer gleichgestellt: Equal Pay, T-ZUG, anteilig Erfolgsbonus, tarifliche Corona-Prämie - und jetzt im Februar das T-Geld.“

  • Annika Eichling, Strategischer Einkauf, Hauni Maschinenbau, Hamburg

    „Unser Betriebsrat hat unseren Standort und Beschäftigung nachhaltig gesichert. Er hat Zahlen eingefordert - ein wichtiger Baustein für qualitative Arbeit im Strategischen Einkauf. Denn wenn Arbeit aufgrund falscher Informationen extern vergeben wird, löst dies Frustration in der Belegschaft aus - und das kostet! Doch unser Betriebsrat hat uns zugehört, nachgehakt und Verbindlichkeiten durchgesetzt.“


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