10. Oktober 2013
Zunahme von Werkverträgen in der Werftenindustrie
Dramatischer Trend in Krisenzeiten
Kaum eine Industriebranche ist so stark von unsicherer Beschäftigung betroffen wie die Werftindustrie. Der Anteil prekärer Beschäftigung und insbesondere von Werkverträgen nimmt zu und beträgt inzwischen fast 40 Prozent. Der Anteil der Stammbeschäftigung ist hingegen auf fast 60 Prozent gesunken.

Die Zahlen stammen aus der Schiffbauumfrage der IG Metall für das Jahr 2013. Die Umfrage hat Daten von rund 20 Betrieben ausgewertet. In der krisengebeutelten Branche sind über 25 000 Menschen beschäftigt. Auf die Stammbelegschaft entfallen 61,5 Prozent der Arbeitsplätze dieser Branche. Werkvertragsarbeitnehmer machen 27,7 Prozent aus und Leiharbeitnehmer 10,8 Prozent. Die Zahlen belegen, dass unsichere Beschäftigung in der Werftenbranche auf dem Vormarsch ist. Vor allem die Werkverträge nehmen zu. Die Betriebsräte beobachten seit etwa eineinhalb Jahren, dass Leiharbeitsverträge mehr und mehr in Werkverträge umgewandelt werden.


Ungeregelte Grauzone

Während es nämlich gelungen ist, die Leiharbeit durch Tarifverträge, Branchenzuschläge und betriebliche Mitbestimmung einzugrenzen, gibt es im Bereich Werkverträge eine Grauzone, die Unternehmen und Subunternehmen ohne Hemmungen nutzen, um Kosten zu reduzieren. Werkvertragsnehmer bekommen teilweise nur einen Bruchteil dessen, was Stammbeschäftigte verdienen. In einem Randbereich handelt es sich auch um Menschen aus anderen Ländern, die sich in Deutschland zu teilweise sittenwidrigen Umständen verdingen. Sie werden von Subunternehmern zu langen Arbeitszeiten gezwungen und arbeiten manchmal zwei Schichten am Stück. Sie sind in Containersiedlungen untergebracht und aufgrund mangelnder Sprach- und Rechtskenntnisse der Willkür von Vorgesetzten schutzlos ausgeliefert.

Anders als bei Leiharbeit haben die Betriebsräte bei Werkverträgen bisher wenig Mitspracherechte. Die meisten Werften beteiligen ihre Betriebsräte nicht bei der Vergabe von Werkverträgen. Betriebsvereinbarungen zur Regulierung von Werkverträgen gibt es bisher kaum. Mitte September 2013 hat als erste die Meyer Werft einen Tarifvertrag zur Regulierung von Werkverträgen abgeschlossen. Darin werden ein angemessener Lohn und angemessene Unterbringung, Arbeitszeiten und Arbeits- und Gesundheitsschutz geregelt. „Durch diesen Tarifvertrag wollen wir den Randbereich bei Werkverträgen besser in den Griff bekommen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende der Meyer Werft, Thomas Gelder.

Zunahme befürchtet

„Mit einem Anteil von fast 30 Prozent haben Werkverträge in der deutschen Werftenindustrie inzwischen einen erschreckend hohen Anteil an der Gesamtbeschäftigung“, sagte IG Metall-Bezirksleiter Küste, Meinhard Geiken. Um einen Missbrauch von Werkverträgen auszuschließen, will die IG Metall auf den Werften weitere verbindliche Regelungen durchsetzen. Der überwiegende Teil der Werften setzt Werkvertragsarbeitnehmer im Bereich der Schiffsausrüstung ein. Werkvertragsnehmer arbeiten in den Bereichen Schiffselektrik, Tischlerei, Schlosserei und Schweißerei. Sie übernehmen Malereiarbeiten und sind in Gerüstbau, Instandhaltung und Wartung beschäftigt.

Werkverträge sind auf Werften zu einem gewissen Maße üblich und schon seit längerem Praxis. Um ein großes Schiff zu bauen, werden etliche Handwerker benötigt, etwa Küchenbauer oder Hersteller von Klimaanlagen. Die entsprechenden Fachkräfte werden nur für eine bestimmte Stundenzahl und Leistung per Werkvertrag beschäftigt. Dass Werkverträge missbraucht werden, ist jedoch ein Phänomen der letzten Jahre. Es wird höchste Zeit, dass dem ein Riegel vorgeschoben wird.


mehr zur Situation der deutschen Werftenindustrie und zur Schiffbauumfrage 2013

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