27. August 2014
Mit Engagement im Berufsbildungsausschuss
Mit eigenen Ideen überzeugen
Die deutsche Berufsausbildung steht weltweit hoch im Kurs. Erfolgreich ist sie vor allem wegen des Engagements vieler ehrenamtlicher Metallerinnen und Metaller. Otto Heck, einer von ihnen und Betriebsrat bei Daimler in Gaggenau, erklärt, warum er sich engagiert.

Wer mit wenig Kondition und schlecht vorbereitet einen Marathon läuft, der wird nicht bis zum Ziel durchhalten. So ähnlich ist es auch im Berufsleben. Wenn junge Menschen nur mit Kurzausbildungsgängen auf ihren späteren Beruf vorbereitet werden, dann werden sie kaum ihr Leben oder ihren Job selbst gut gestalten können. Da ist sich Otto Heck, Betriebsrat und zuständig für die Berufsausbildung bei Daimler in Gaggenau sicher. Heck engagiert sich für eine qualifizierte Ausbildung – nicht nur als Interessenvertreter. Er arbeitet mit an Personalentwicklungskonzepten im Betrieb, an den Rahmenbedingungen für Ausbildung im Berufsbildungsausschuss bei der IHK Karlsruhe, ist in der Kommunalpolitik aktiv und ehrenamtlicher Richter. Heck setzt sich dafür ein, dass junge Menschen gut gewappnet in die Zukunft starten.

Sachliche Debatten

Otto Heck trat 1979 der IG Metall bei und wurde kurz danach aktiv. Er wurde Anfang der 80er Jahre Vertrauensmann in seiner Abteilung. 1998 kandidierte er für den Betriebsrat. In dem Gremium übernahm er die Funktion des Vorsitzenden des Vertrauenskörpers. Der gelernte Betriebsschlosser ist freigestelltes Betriebsratsmitglied und engagiert sich seither in Ausbildungsfragen. Als er 2006 von der IG Metall in den Berufsbildungsausschuss der IHK entsandt wurde, standen sich dort noch Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Teil ideologisch unversöhnlich gegenüber, erinnert sich der Arbeitnehmervertreter. Heute ist die Stimmung anders. Sachlicher.

Zuerst diskutierten die Gewerkschaftsvertreter erst einmal unter sich. In der Regel sind das nicht nur Metaller, auch Vertreter anderer Gewerkschaften sind beteiligt. Bei diesen Sitzungen wird Fachwissen ausgetauscht. Die beteiligten Gewerkschaftsvertreter versuchen auf Detailfragen eine Antwort zu finden. So sind sie später auch in der Lage, den Arbeitgebern mit guten Argumenten gegenüber zu treten. „Es geht nicht nur darum Forderungen aufzustellen. Wir wollen die Arbeitgeber mit eigenen Ideen überzeugen, ihnen konkret sagen, was wir uns vorstellen und wie man Dinge umsetzen kann“.

Qualifizierter Nachwuchs

In Fragen der Berufsausbildung haben Betriebsräte in den Unternehmen weitreichende Mitbestimmungsrechte, mehr als bei vielen anderen Problemen. „Trotzdem geht bei uns keiner mit der Rechtefibel unterm Arm in die Sitzung oder durch die Werkshalle“, erklärt Otto Heck. Alle, die bei Benz Gaggenau die Berufsausbildung mitgestalten, haben erkannt, wie wichtig es ist, jungen Leuten eine gute berufliche Grundlage mitzugeben – auch die Unternehmensvertreter. Davon profitieren nicht nur junge Frauen und Männer. Auch das Unternehmen kann auf qualifizierten Nachwuchs zurückgreifen.

Fertigungsmechaniker, Zerspanungsmechaniker, Werkzeugmacher, Mechatroniker, Elektroniker für Automatisierungstechnik, Industriekaufleute und zwei duale Ausbildungsgänge für Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieur – im Werk Gaggenau werden bei Daimler pro Jahrgang etwa 115 Auszubildende ausgebildet. Insgesamt sind es zur Zeit 347 Azubis. Bei einer Beschäftigtenzahl von 6800 ist das eine Ausbildungsquote von circa fünf Prozent. Nicht verstehen kann Heck, dass die Einstellungstests sich noch immer mehr an den Ausbildungsinhalten orientieren anstatt abzufragen, was Schulabgänger in der Schule lernen. „Es ist wichtig, die jungen Leute da abzuholen, wo sie stehen“, sagt er.

Ausbildung in Teilzeit

Der Betriebsrat spricht sich zwar energisch gegen Kurzausbildungsgänge aus, doch wenn die persönliche Situation einzelner Mitarbeiter es nicht anders zulässt, sollte der Arbeitgeber flexibel sein. Die Interessenvertretung hat erreicht, dass es neben der drei- und dreieinhalbjährigen Ausbildungsgänge auch zwei Ausbildungsplätze in Teilzeit gibt. Denn junge Mütter oder sozial Benachteiligte sollten ebenfalls die Möglichkeit haben, sich zu qualifizieren. Leider gelingt es kaum, junge Frauen für eine gewerbliche Ausbildung bei Daimler zu interessieren. „Mädchen sind immer noch die Ausnahme“. Das Unternehmen bemüht sich sehr, junge Frauen für eine technische Ausbildung zu begeistern, doch es bewerben sich schlicht zu wenige.


Otto Heck selbst ist Quereinsteiger. Er bringt ein breites Allgemeinwissen und viel Menschenkenntnis mit. Der 51-Jährige war 20 Jahre lang aktiv bei der Feuerwehr und im Katastrophenschutz. Neben seiner Betriebsratstätigkeit ist er als ehrenamtlicher Richter tätig und noch aktiv in der Kommunalpolitik. Das deutsche Ausbildungssystem ist weltweit anerkannt. Das kommt nicht von ungefähr. Denn zehntausende Experten aus den Betrieben engagieren sich. So wie Otto Heck. Sie gestalten die Ausbildungsinhalte mit, wirken mit bei den Rahmenbedingungen, überwachen die Ausbildung und prüfen die Auszubildenden. Sie übernehmen ein großes Paket Verantwortung. Das ist jedoch nicht nur eine Belastung. Das ehrenamtliche Engagement lohnt sich: Die eigenen fachlichen und sozialen Kompetenzen werden geschult, man kommt in Kontakt zu Gleichgesinnten, kann sich vernetzen und Erfahrungen austauschen. „Auch für mich persönlich ist es eine fachliche Qualifizierung, wenn ich gemeinsam mit den anderen Arbeitnehmervertretern herausarbeite, was wir uns vorstellen und wie Ausbildungsinhalte gestaltet werden sollten“. erläutert Heck.

Lebenslang qualifizieren

Wer es geschafft hat und einen der begehrten Ausbildungsverträge bei Benz Gaggenau ergattert, für den ist die Abschlussprüfung am Ende der Ausbildung nicht zwangsläufig das Ende seines Bildungsweges. Wie beim Marathonlauf auch, können Bildungswillige bei dem Autobauer zwischendurch auftanken, sich mit zusätzlichen Bildungsangeboten weiterbilden, um beim Marathon durchs Arbeitsleben durchzuhalten. Da gibt es das Projekt „Industriemeister ’Metall’“.Diese Qualifizierung findet Samstags und Montags in den Schulungsräumen des Betriebes statt.

Einige Junge absolvieren auch ein Studium. Sie werden von der Arbeit freigestellt und qualifizieren sich als Wirtschaftsingenieur oder in Elektronik weiter. Nach dem Studium haben sie ein Rückkehrrecht – das sichert die Gesamtbetriebsvereinbarung Qualifizierung und der Tarifvertrag Qualifikation, der in Baden Württemberg gilt. Da es in diesem Bundesland noch kein Bildungsurlaubsgesetz gibt, hat die IG Metall diese Lücke mit dem Tarifvertrag Qualifikation geschlossen.


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