Hoffnung für 40 ehemalige Beschäftigte des Petroleumlampenher...
IG Metall-Recherche bringt Bewegung in Insolvenz-Krimi

Im Oktober vergangenen Jahres meldete der Petroleumlampenhersteller Feuerhand Insolvenz an. Die 40 Beschäftigten hätten Anspruch auf einen Sozialplan gehabt, aber dafür war kein Geld mehr da. Für den Insolvenzverwalter schien die Sache erledigt. Doch die IG Metall ließ nicht locker und stellte ...

27. November 201327. 11. 2013


... eigene Recherchen an. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Angelegenheit.

Der Fall hat etwas von einem Wirtschaftskrimi. Im Oktober 2012 meldete die in Hohenlockstedt bei Hamburg ansässige Traditionsfirma Feuerhand Insolvenz an. Betriebsvermögen war nicht mehr vorhanden – alles was Wert hatte, war zuvor von den Gesellschaftern „in Sicherheit“ gebracht worden. Die 40 Beschäftigten hätten Anspruch auf einen Sozialplan gehabt, aber dafür war kein mehr Geld da. Handlungsbedarf sah der Insolvenzverwalter damals dennoch nicht. Der Sache schien erledigt. Doch die IG Metall ließ nicht locker und stellte eigene Recherchen an. Nun, ein Jahr später, kommt wieder Bewegung in die Angelegenheit. Der Insolvenzverwalter kündigte aufgrund der Recherchen gegenüber der IG Metall eine erneute Prüfung der Insolvenzumstände an.

Ein trendiges Kultprodukt

Die petroleumbefeuerten Sturmlaternen der Marke Feuerhand sind Kult: 37 Einzelteile, in Handarbeit verschraubt, bekannt für Qualität und Lebensdauer – „Made in Germany“ seit 1902. Hunderttausende werden jährlich ins Ausland exportiert – vor allem in Afrika und im Nahen Osten sind sie ein wichtiger Gebrauchsgegenstand. Aber auch hierzulande wird die Traditionsmarke von Sammlern, Campern und Kleingärtnern geschätzt.


Weniger traditionsbewusst verhält sich die Geschäftsführung. Nachdem das Unternehmen 2011/2012 im Zuge des „Arabischen Frühlings“ Absatzeinbrüche hinnehmen musste, verlangte sie von den Beschäftigten, dauerhaft auf 30 Prozent ihres Lohns zu verzichten. Die gut organisierte Belegschaft wurde nach dem Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie bezahlt. Die IG Metall bot an, über einen Wechsel in den Tarifvertrag des Metallhandwerks zu verhandeln – was eine Absenkung von zehn bis 15 Prozent bedeutet hätte. „Aber 30 Prozent – das war völlig indiskutabel“, sagt Kai Trulsson, Erster Bevollmächtigter in der Verwaltungsstelle Unterelbe. Die Beschäftigten, die bereits überwiegend in den unteren Lohngruppen eingruppiert waren, hätten einen derartigen Einkommensverzicht schlicht nicht verkraften können.


Die Müllers brachten ihre Schäfchen ins Trockene ...

Daraufhin meldete der geschäftsführende Gesellschafter der Feuerhand, Marc-Michael Müller, im Oktober 2012 Insolvenz an – knapp 40 Beschäftigte verloren ihren Job. Grundstücke und Maschinen, so stellte der Insolvenzverwalter fest, befanden sich längst im Besitz anderer Firmen. Und auch den letzten verbliebenen, immateriellen Wert, die 110 Jahre alte Traditionsmarke „Feuerhand Made in Germany“, hatte die Geschäftsführung noch kurz vor der Insolvenz, Ende August, übertragen lassen. Damit war praktisch das gesamte Betriebsvermögen auf Firmen verteilt, die sich alle im Besitz der gleichen Gesellschafter befanden wie die alte Feuerhand – Müller junior und Müller senior.


... und die Beschäftigten gingen leer aus

Während die Müllers ihr Schäfchen ins Trockene brachten, gingen die Beschäftigten leer aus. Für die meisten blieb im Januar nur der Weg zum Jobcenter. „Wir haben den Insolvenzverwalter mehrfach auf die dubiose Markenüberschreibung hingewiesen“, sagt Trulsson, „doch er hat nicht reagiert.“

Von links: Volker Ebert (Betriebsratsvorsitzender), Kai Trulsson (IG Metall Unterelbe)

So werden die Sturmlaternen jetzt produziert

Zur Freude der Kunden werden die Feuerhand-Laternen immer noch verkauft. Und es handelt sich nicht nur um Restbestände. Seit kurzem ist sogar ein weiterentwickeltes Modell, die Sturmlaterne „Eternity“, auf dem Markt – besonders haltbar, weil aus verzinktem Blech hergestellt. Derzeit werden probeweise rund 18 000 Stück monatlich produziert. Allerdings nicht mehr von tariflich bezahlten Beschäftigten, sondern in einer Diakonie-Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. 29 von ihnen setzen im benachbarten Hohenwestedt seit Juni in einem Testauftrag Lampen zusammen, montieren und verpacken sie, erklärte eine Diakonie-Sprecherin auf Nachfrage der IG Metall. Pikant: Die Hohenwestedter Werkstatt hat bereits seit Jahren Geschäftsbeziehungen mit den Müllers, ein Teil der Laternenproduktion wurde hier pulverbeschichtet. Die Diakonie war also über die Umstände der Insolvenz unterrichtet.


„Die Lampenteile selbst werden nicht in der Hohenwestedter Werkstatt produziert“, betonte die Diakonie-Sprecherin in ihrer Antwort. Die schweren Stanzmaschinen vom alten Werksgelände weg zu transportieren, wäre auch nicht einfach gewesen. Doch es gibt Hinweise, dass die Vorproduktion dort im Verborgenen fortgesetzt wird. Ehemalige Beschäftigte hätten in Abfallcontainern frische Blechabfälle entdeckt, wie sie beim Stanzen anfallen, berichtet der Feuerhand-Betriebsratsvorsitzende Volker Ebert. Technisch wäre es möglich, die entsprechenden Einzelteile für eine Monatsproduktion „an drei, vier Tagen“ zu fertigen, erklärt der Mann, der fast 30 Jahre bei Feuerhand gearbeitet hat. Fest steht, dass Müller junior mindestens zwei erfahrene Maschinenführer des insolventen Unternehmens inzwischen bei einer anderen seiner Firmen weiterbeschäftigt.


Vertragspartner der Diakonie für die neue Produktion ist aber keine von Müllers Firmen. Als Auftraggeber fungiert eine A.P. Montageservice UG (haftungsbeschränkt). Das Unternehmen wurde im Mai 2013 im Handelsregister beim Amtsgericht Pinneberg eingetragen. Geschäftsführerin ist eine ehemalige Prokuristin der Feuerhand.


Wurden die Beschäftigten um ihre Ansprüche geprellt?

Der Erste Bevollmächtigte Kai Trulsson hatte bereits Ende 2012 vermutet, dass die Insolvenz gezielt herbeigeführt wurde, um die Beschäftigten um ihre Ansprüche zu prellen. Nun, da feststeht, dass mit Hilfe windiger Vertragskonstruktionen weiterproduziert wird, sieht er sich bestätigt. „Es ist ein Skandal, wie hier Beschäftigte, die jahrelang zum Erfolg der Firma beigetragen haben, viele von ihnen mit Migrationshintergrund, gegen Menschen mit Behinderungen ausgespielt werden.“


Die IG Metall-Recherchen haben Staub aufgewirbelt. Die die zweifelhafte Markenüberschreibung hat ein Nachspiel. Der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Pannen aus Hamburg, erklärte auf Nachfrage, er prüfe eine Anfechtungsklage. Müller könne einen solchen Schritt aber noch vermeiden, wenn er sich bereit erkläre, eine angemessene Zahlung für die Marke zu leisten.

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen