Gleichstellung – eine Frage der Vielfalt und Kreativität
Für eine neue Führungskultur

Job und Familie – der Spagat zwischen diesen beiden Lebensbereichen belastet Frauen wie Männer. Viele fühlen sich einfach nur noch gestresst. Wenn dann auch noch die Grenzen verschwimmen und Dienstliches in der Freizeit erledigt werden muss, wollen die Mitarbeiter oft nur noch abschalten – auch ...

7. November 20137. 11. 2013


... das Diensthandy.

Handys sind Fluch und Segen zugleich. Einerseits kann man unkompliziert Kontakt aufnehmen – unabhängig davon, wo man gerade ist. Andererseits machen es Smartphones möglich, dass auch zuhause Arbeitsmails gecheckt werden können – zur Freude des Arbeitgebers und zum Leidwesen vieler Beschäftigter. Der Wunsch oder die Pflicht nach ständiger Erreichbarkeit erreicht oftmals seltsame Formen. So nimmt jeder sechste erwachsene Handynutzer sein Mobiltelefon sogar mit auf’s WC. Das hat die Stiftung Internetforschung im Frühjahr diesen Jahres herausgefunden.

Dass das nicht gesund sein kann, leuchtet ein. Trotzdem erwarten viele Unternehmen von ihren Führungskräften, dass sie rund um die Uhr ihre Emails checken – auch am Wochenende und nach Dienstschluss. Doch warum die Gesundheit für die eigene Karriere und den Profit anderer opfern? Das sehen viele Arbeitnehmer nicht ein. Beispielsweise die Beschäftigten eines großen norddeutschen Automobilzulieferers. Dort schreckt diese Pflicht ganz besonders die Frauen ab. Obwohl das Unternehmen sehr engagiert in Sachen Familienfreundlichkeit und Gleichstellung ist. Die Pflicht, ständig erreichbar sein zu müssen, hält dort viele Frauen davon ab, sich auf höher bezahlte Stellen zu bewerben.


Kaum Frauen in Führungspositionen

Die IG Metall hat im Rahmen des Projektes „Arbeitsorientierte Innovationspolitik zur Sicherung und Förderung der Frauenbeschäftigung in industriellen Branchen“ unter anderem untersucht, warum der Anteil von Frauen an höher dotierten Positionen noch immer so gering ist. In 25 Unternehmen sind Beschäftigte, Betriebsräte und Unternehmen zum Thema Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern auf Spurensuche gegangen. Dabei waren auch Unternehmen, die in Sachen Gleichstellung und Familienfreundlichkeit bereits sehr aktiv sind. Und obwohl viele Firmen das dienstliche Umfeld positiv gestalten, sind Frauen bei den außertariflich eingruppierten Beschäftigten immer noch deutlich unterrepräsentiert. Dass diese Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle und Telearbeit ermöglichen, betriebliche Kitas oder Ferienbetreuungsangebote für die Kinder von Beschäftigten anbieten und gezielte betriebliche Weiterbildungs- und Karriereentwicklungsmaßnahmen durchführen, wird zwar sehr begrüßt. Doch es schreckt ab, dass von Führungskräften grundsätzlich erwartet wird, lange und hart zu arbeiten und das Privatleben einzuschränken. Egal ob dabei die Freizeit, der Sport oder die Familie zu kurz kommen. Und gerade für Frauen, die in Teilzeit arbeiten, ist ständige Erreichbarkeit eine große Hürde. Und wenn zur Familie auch noch Kinder gehören, wird die zeitliche Verfügbarkeit des Beschäftigten noch knapper.

Die Ergebnisse des Projektes waren je nach Unternehmen verschieden. Aber eines war fast überall festzustellen: Frauen fällt es offenbar schwerer als Männern, ihre Karriere systematisch zu planen und ihre Wünsche zu äußern. Wie auch? Wenn Frauen in die Babypause gehen oder Elternzeit nehmen, sind ihre Stellen bei der Rückkehr längst vergeben und sie müssen bei Null anfangen. Das ist die normale betriebliche Praxis. Eine Betreuung mit gezielter Einarbeitung und Qualifizierung während der Auszeit der Elternzeitlerinnen gibt es nur in Ausnahmefällen.

Kontakt halten

Ein weiteres positives Ergebnis des Projektes war es, dass die beteiligten Firmen sich künftig mit den Bedürfnissen ihrer weiblichen Mitarbeiter stärker beschäftigen wollen. Durch Befragungen und Interviews haben auch Personalverantwortliche den Blick dafür geschärft, wo es Defizite in Sachen Gleichstellung gibt und was Unternehmen tun müssen, um Chancengleichheit herzustellen.

Gleichstellung ist ein wichtiges Thema für die Unternehmensführung, gerade aus wirtschaftlichen Gründen. Denn wenn die Menschen immer älter werden, der Nachwuchs fehlt und Fachkräfte knapp sind, dann werden Frauen für die Betriebe auf allen Hierarchie-Ebenen unentbehrlich. Die Firmen müssen damit rechnen, dass sich qualifizierte Fachkräfte in Zukunft den Arbeitgeber auswählen, bei dem sie ihre Vorstellungen von Familie und beruflicher Entwicklung leben können. Sie werden sich für die Firmen entscheiden, die ihnen eine gute Work-Life-Balance garantieren.
Das Checken von Dienstmails rund um die Uhr gehört dabei sicherlich nicht dazu.

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