Ungleichheit
Ein erster Schritt in Richtung Fairness

Frau oder Mann? Das ist nicht egal.

23. August 201223. 8. 2012


Rund 23 Prozent verdienen Frauen weniger als Männer ― obwohl sie eine gleichwertige Arbeit leisten. Zwar gibt es bereits Gesetze, die einen geschlechtsbezogenen Entgeltunterschied in Deutschland verhindern sollen, trotzdem wird die Lücke hierzulande einfach nicht kleiner. Das Gebot der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit gilt im Prinzip bereits seit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949. Zudem ist dieses Recht auch europarechtlich verankert. Trotzdem ist Deutschland mit einer Entgeltlücke von 23 Prozent eines der Schlusslichter im europäischen Vergleich.


Schon zur Zeit des Crimmitschauer Streiks der Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter 1903/1904, wurden Männer und Frauen ungleich bezahlt. Damals bekamen die Frauen im Schnitt rund 13 Mark die Woche, ihre männlichen Kollegen das Doppelte. Seitdem sind mehr als 100 Jahre vergangen. Die Lücke zwischen den Einkommen von Männern und Frauen, das sogenannte Gender-Pay-Gap, hat sich in Deutschland in diesen mehr als einhundert Jahren zwar auf 23 Prozent „verringert“. Wenn es jedoch in diesem Tempo weitergeht, dauert es weitere 90 Jahre um Entgeltgerechtigkeit tatsächlich herzustellen.

 


Diskriminierung erfolgt nicht offen

 

Das Problem hat sich in den vergangenen Jahren noch verschärft. Während in anderen europäische Staaten die Differenz zwischen den Geschlechtern kleiner wird, vergrößert sie sich in Deutschland. Dass Frauen schlechter bezahlt werden, das gibt kein Personalchef offen zu. Die Diskriminierung funktioniert anders, viel subtiler. Bereits beim Start ins Berufsleben bekommen Frauen weniger. Nach drei Jahren liegt der Unterschied schon bei knapp 18 Prozent und die Differenz ist größer, wenn die Frauen älter sind. Diese Einkommensunterschiede liegen daran, dass Frauen häufig niedriger eingruppiert werden, bei übertariflichen Zulagen zu kurz kommen und bei der Leistungsbeurteilung schlechter eingeschätzt werden. Obwohl dies nicht durch schlechtere Bildungsabschlüsse erklärt werden kann. Dazu kommen dann noch die schlechteren Aufstiegschancen von Frauen.


Für Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und zuständig für Frauen und Gleichstellung, ist das ein Skandal. Sie sagt: „Es gehört zu den Aufgaben der Unternehmen, Entgeltgerechtigkeit herzustellen. Deshalb brauchen wir ein Entgeltgleichheitsgesetz, das die Unternehmen dazu verpflichtet, Ungleichheit bei den Verdiensten zu beseitigen.“ Benner fordert die Bundesregierung auf, ihrer Pflicht als EU-Mitgliedsstaat endlich nachzukommen und europäisches Recht umzusetzen.

 


Unternehmen sollen Entgeltstrukturen offen legen

 

Um der Diskriminierung ein Ende zu setzen, hat die SPD im Frühjahr ein Entgeltgleichheitsgesetz in den Bundestag eingebracht. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten ihre Entgeltstrukturen offen legen müssen. Wenn dabei eine Benachteiligung festgestellt wird, sollen die Betriebe dazu verpflichtet werden, diese zu beseitigen.


Bisher können Frauen zwar auf ihr Recht bestehen, doch sie tragen die Beweislast. Sie müssen nachweisen können, dass sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen schlechter bezahlt werden. Aber wer hat schon den vollen Einblick in die Eingruppierungsstruktur des Betriebes? Oder in die Einstellungs- und Beförderungspolitik einer Personalabteilung? Wer ein höheres Entgelt einklagt, macht sich außerdem bei den Kollegen unbeliebt und das wiederum könnte einer beruflichen Weiterentwicklung im Wege stehen. Vor all diesen Hürden schrecken viele Frauen zurück. Deshalb muss der Gesetzgeber endlich eingreifen.

 


Arbeits- und Leistungsbewertung transparent machen

 

Obwohl sich die Regierung verpflichtet hatte, die Lohnschere bis 2010 auf 15 und bis 2015 auf zehn Prozent zu reduzieren, ist nicht viel passiert. Deshalb fordern die Gewerkschaften nun ein Entgeltgleichheitsgesetz. Außerdem treten sie für eine transparente Arbeits- und Leistungsbewertung sowie für einen gesetzlichen Mindestlohn ein. Dieser würde vor allem denen zugutekommen, die in schlecht bezahlten „Frauenberufen“ arbeiten.

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