DGB-Index Gute Arbeit
Wenn der Job zur Stressfalle wird

„Superwoman“ oder „Held der Arbeit“? Ob es jemanden gibt, der spielend alle Aufgaben erledigt, rund um die Uhr im Einsatz und dabei voll belastbar ist, wissen wir nicht. Was wir wissen: Jeder zweite Beschäftigte klagt über Stress und fühlt sich häufig gehetzt. Ein Fakt, der aus dem DGB-Index ...

11. Januar 201611. 1. 2016


... Gute Arbeit hervorgeht.

Nennen wir sie Elisa Mustermann. Elisa steht stellvertretend für viele Arbeitnehmer – und sie ist nicht „Superwoman“. Sie fühlt sich in ihrem Arbeitsalltag oft wie im Hamsterrad. Zwar mag sie ihre Arbeit und engagiert sich gern – ganz besonders dann, wenn Not am Mann oder der Frau ist oder ein Projekte unbedingt abgeschlossen werden muss. Dann geht ihr Einsatz über das erträgliche und gesunde Maß hinaus. Oft mit zahllosen Überstunden. Am Ende einer Arbeitswoche fühlt sie sich oft völlig ausgelaugt und hat kaum mehr Energie.


Fast jeder zweite Beschäftigte hat mit vergleichbaren Problemen zu kämpfen. Der DGB-Index Gute Arbeit, der im Dezember 2015 vorgestellt wurde, hat dabei Altbekanntes – aber auch Erstaunliches zutage befördert: Insgesamt gab mehr als die Hälfte der Befragten an, sich bei der Arbeit sehr häufig oder oft gehetzt zu fühlen. Zwei Drittel der gehetzt Arbeitenden führen dies auf die vielen, gleichzeitig zu bearbeitenden Vorgänge und Projekte zurück (Multitasking). Ursachen dafür sind zu wenig Personal und ungeplante Zusatzaufgaben.


Schon länger ist bekannt, dass die Arbeitshetze in den Betrieben zunimmt. Daher fordert die IG Metall vom Gesetzgeber eine Anti-Stress-Verordnung. Denn allein das Engagement von Betriebsräten reicht nicht. Wenn Betriebsräte Stress am Arbeitsplatz abstellen wollen, brauchen sie nicht nur starke Nerven. Für vieles gibt es klare, verbindliche und handhabbare Vorschriften: Beleuchtung am Arbeitsplatz, Gefahrstoffe oder Lärm – hier können die betrieblichen Interessenvertreter handeln. Doch diese Regelungen fehlen beim Arbeitsstress und das will die IG Metall mit einer Anti-Stress-Verordnung ändern. Ziel ist es, die Rechtsunsicherheit in den Unternehmen zu überwinden.


Dass sie den Arbeitsdruck nicht wie Superman oder Superwoman wochenlang ungestraft durchhalten kann, weiß auch Elisa Mustermann. Sie klagt immer häufiger über Rücken- und Kopfschmerzen. In Stressphasen schläft sie schlecht, obwohl sie völlig übermüdet ist. Die Folgen sind Nervosität und psychische Erschöpfung. In ihrer Freizeit kann sie dann meistens auch nicht richtig abschalten. Wenn es ganz hoch hergeht, lässt sie ihre Arbeitspause ausfallen oder minimiert sie – ebenso wie 56 Prozent der Beschäftigten, die im Rahmen des DGB-Index befragt wurden.


Damit ist sie kein Einzelfall, wie aus der Studie hervorgeht. Zeitdruck prägt für viele Menschen den Arbeitsalltag. Erstaunlich ist, dass gerade bei zunehmendem Stress viele Beschäftigte die Erholungspausen einschränken. Dabei wäre genau dann eine Pause wichtig. Gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen brauchen ein ausgewogenes Verhältnis von Phasen der Beanspruchung und der Erholung. Die Zahlen des DGB-Index zeigen jedoch: Bei einem Drittel aller Beschäftigten ist dieses Verhältnis durch gekürzte oder ausfallende Pausen nachhaltig gestört. Ein weiteres Ergebnis des DGB-Index ist ebenfalls besorgniserregend: Je größer die Arbeitshetze, desto höher ist der Anteil der krank zur Arbeit Gehenden. Bei Guter Arbeit geht jeder fünfte Beschäftigte an seinen Arbeitsplatz, während bei miesen Arbeitsbedingungen 77 Prozent der befragten Arbeitnehmer in den Betrieb gehen.


Zeitdruck fällt nicht vom Himmel, er ist vermeidbar. Dazu muss die Arbeit besser organisiert werden. Leistungsziele müssen erreichbar sein – nicht nur für „Superman“ und „Superwoman“. Und es braucht ausreichend und gut qualifiziertes Personal, auch auf der Führungsebene. Das A und O für die Arbeit der Zukunft ist es, dass die Beschäftigten beteiligt werden. Besonders dann, wenn es darum geht, realistisch einschätzen zu können, was machbar und erreichbar ist.

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