IG Metall will neue Willkommenskultur
Migration und Einwanderung positiv begreifen

Auf der 10. Bundesmigrationskonferenz in Sprockhövel hat sich Christiane Benner für eine neue Willkommenskultur stark gemacht. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied warb dafür, Migration und Einwanderung als etwas Positives begreifen. Unterstützung bekam sie aus Wissenschaft und Politik.

8. April 20148. 4. 2014


Willkommenskultur könne nicht nur die meinen, die neu zuwandern. Sie müsse auch denjenigen gelten, die schon hier sind. Jeder fünfte Einwohner Deutschlands habe einen Migrationshintergrund und alleine in der IG Metall seien 185 000 Mitglieder ohne deutschen Pass organisiert. Benner ließ keinen Zweifel aufkommen: „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Eine echte Willkommenskultur bedeutet die Anerkennung aller hier lebender Migrantinnen und Migranten.“ Dazu gehört nach ihrer Ansicht, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen Perspektiven zu bieten.


Wahlrecht und Mehrstaatigkeit

Das Vorstandsmitglied forderte zudem Partizipation. Sie fragte, was das für eine Demokratie sein soll, in der Migranten in dritter Generation leben und dann nicht einmal kommunal mitbestimmen dürfen, wenn es darum gehe, wo ein Zebrastreifen oder eine Turnhalle hinkommt. Wer Steuern und Sozialabgaben zahle, der müsse gleichberechtigt an Entscheidungen teilhaben können. Benner betonte nochmals, dass die IG Metall darauf besteht, den Optionszwang abzuschaffen. Mit dieser Regelung werden derzeit Migrantenkinder dazu gezwungen, die Staatsbürgerschaft der Eltern abzugeben. Andernfalls verlieren sie die deutsche Staatsangehörigkeit wieder.

Der Koalitionsvertrag sieht zwar die Abschaffung der Optionspflicht vor. Gemäß dem aktuellen Gesetzentwurf von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) soll die doppelte Staatsbürgerschaft an Kriterien, wie eine melderechtliche Aufenthaltsdauer von acht Jahren, einen sechsjährigen Schulbesuch oder einen erfolgreichen Schul- bzw. Berufsabschluss gekoppelt sein.

„Der Gesetzentwurf des Innenministeriums schafft völlig unnötig eine immense Bürokratie, Rechtsunsicherheit und führt die Ungleichbehandlung fort. Es ist paradox, Fachkräftesicherungsportale einzurichten, von Willkommenskultur zu reden und dann eine solche Botschaft zu senden“, sagte Benner. „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Menschen mit Migrationshintergrund müssen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt teilhaben und auch wählen können. Dies ist ein klares Signal, dass sie dazu gehören und willkommen sind.“ Daher fordere die IG Metall die generelle Mehrstaatigkeit.


Gleiche Chancen in Ausbildung und Beruf

Keine Willkommenskultur sei es dagegen, dass Kollegen mit Migrationshintergrund nicht die gleichen Chancen auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz erhalten wie ihre deutschen Mitbewerber. Wie Benner erklärte, sei Deutschland auf qualifizierte Beschäftigte angewiesen und „kann auf diese junge Generation gar nicht verzichten“.

Doch Untersuchungen zeigen, dass Migranten auf dem Arbeitsmarkt oftmals das Nachsehen haben. Wie Professor Dr. Albert Scherr aus Freiburg erklärte, gaben in einer Befragung unter Personalentscheidern rund 77 Prozent der Befragten an, es sei ihnen wichtig, dass der Bewerber deutsch als Muttersprache spreche. Über 35 Prozent gaben offen zu, keine kopftuchtragende Muslima einstellen zu wollen. Diese Diskriminierung führe zu einer geringeren Erwerbsquote bei Migranten. Migrantenkinder machen zudem seltener eine Berufsausbildung und die Arbeitslosigkeit unter Zugewanderten ist mehr als doppelt hoch, als bei der deutschstämmigen Mehrheitsbevölkerung.

Guntram Schneider prangerte vor den Delegierten die Arbeitslosigkeit an. Bei der aktuellen Bevölkerungsentwicklung würden Nachkommen von Migranten schon bald den Kern der Stadtgesellschaft ausmachen. Der NRW-Arbeitsminister dazu: „Das heißt, wir müssen diese Menschen qualifizieren. Wir müssen Migranten in den Fokus nehmen, denn wir brauchen sie.“ Man könne nicht sonntags von Fachkräftemangel reden und montags nichts dagegen machen. Einwanderung habe unser Land interessanter gemacht – gesellschaftlich, kulturell und auch ökonomisch. „Vielfalt“, so Schneider, „ist Stärke“.

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