Delphi Langenlonsheim
Protest gegen Schließung nach Salamitaktik

500 gegen Jobabbau und Verlagerung: Die Beschäftigten des Autozulieferes Delphi in Langenlonsheim und Gewerkschafter aus der Region haben vor dem Werk protestiert. Als Redner sprachen unter anderem IG Metall-Bezirksleiter Armin Schild und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck.

7. Februar 20117. 2. 2011


Die Straßenabsperrungen und die Bühne stehen. Eine Bläser-Band begrüßt die aus dem Werk strömenden Beschäftigten mit „La Cucaracha“. Es geht um ihre Arbeitsplätze, um die Zukunft des Werks des US-amerikanischen Autozulieferers Delphi im rheinland-pfälzischen Langenlonsheim. Die Produktion von Sitzschaltern soll ins Mexikanisch Matamoros verlagert werden. 400 der einst 900 Arbeitsplätze sind bereits abgebaut worden. Doch die Werkleitung beschwichtigt: An eine Schließung denke man nicht, es sollen ja „nur“ noch 47 Leute gehen. Und die Forschung und Entwicklung bleibe ja, ließ man über die CDU-Landrätin Julia Klöckner ausrichten.

Daran glauben die Beschäftigten nicht – zumal die Geschäftsführung auch keinerlei Garantien für den Rest abgeben will. „Das ist alles schöngerechnet – ohne die 120, die gerade resigniert mit einer Abfindung gegangen sind, ohne die 80 Leihbeschäftigten und die Azubis“, erklärt Murat Beyazit, der mit Poncho und Sombrero verkleidet IG Metall-Kappen verteilt. „Wir, die noch da sind, wissen, dass es nicht gut aussieht. Aber wir glauben und kämpfen weiter.“

Der Betriebsratsvorsitzende Reinhold Schug wird bei seiner Rede noch deutlicher, als er die Jobabbau-Zahlen der letzten Jahre und die Zukunftspläne des Managements auf einen Nenner bringt: „500 Arbeitsplätze abgebaut, die Ausbildung wird eingestellt – Hallo? Hier ist eine Standortschließung im Gange!“



Standortschließung nach Salamitaktik
Von einer „Schließung nach Salamitaktik“, in kleinen Schritten, um Belegschaft und Region ruhig zu stellen, spricht der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Bad Kreuznach, Edgar Brakhuis. Und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck nimmt den Ball auf: „Wir durchschauen diese Salamitaktik“, schickt Beck in Richtung der Delphi-Werkleitung, die sich sich drinnen Werks die Nasen am Fenster plattdrückt und dem Aufruhr draußen zuschaut. Die Politik habe Delphi durch eine Bürgschaft durch die Krise geholfen, so Beck. Er erwarte nun aber auch, dass das Unternehmen im Aufschwung sich daran erinnert statt Arbeitsplätze in Gefahr zu bringen. „Forschung und Entwicklung ohne Vernetzung mit der Produktion – das funktioniert auf Dauer nicht, das wissen wir.“
Auch IG Metall-Bezirksleiter Armin Schild kritisiert die Delphi-Verantwortlichen, als „entweder stümperhaft oder unehrlich“. „Wer sagt, es gebe eine langfristige Zukunft, der kann auch eine Vereinbarung unterschreiben“, ruft er den Delphi-Beschäftigten zu. „Wir werden mit Mut zusammenstehen und auf Augenhöhe verhandeln – und Euch nicht einfach ohne Gegenwehr nach Hause schicken lassen.“

Strategie des Managements im Nebel – schwarzer Peter an Kunde BMW?
Hauptkritikpunkt von Betriebsrat und IG Metall ist die völlige Intransparenz der Entscheidung des Delphi-Managements. Qualifizierte Zahlen und Fakten, nach denen sich eine alternative Lösung zur Produktionsverlagerung verhandeln ließe, sind bislang nicht auf den Tisch gekommen. Der Betriebsrat sieht bislang keinerlei Sinn in der Verlagerung nach Mexiko, da 80 Prozent der in Langenlonsheim gefertigten Schalter an Fahrzeugsteller in Deutschland geliefert werden – „und das oft als Sonderlieferungen unter hohem Zeitdruck“, betont Betriebsrat Reinhold Schug.
Das Delphi-Management hat behauptet, ein Großkunde, namentlich BMW, habe die Verlagerung in den Dollar-Raum gefordert. Bezirksleiter Schild platzt dabei der Kragen: „Sollte das wirklich eine Forderung von BMW sein, werden wir das bald herausfinden. Ich glaube aber eher, dass das Delphi-Management da über Bande spielt und einen angeblichen Kundenwunsch vorschiebt.“
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