Bundesmigrationskonferenz der IG Metall
Doppelte Staatsangehörigkeit tut keinem weh

Mit einer bunten Aktion haben die Migranten in der IG Metall auf sich aufmerksam gemacht. Am Rande der Bundesmigrationskonferenz in Kassel waren etwa 200 Teilnehmer vor den Bahnhof gezogen. Sie forderten, das kommunale Wahlrecht für alle einzuführen und die Optionspflicht für Migranten abzuschaffen.

30. November 201230. 11. 2012


Unterstützt wurden sie dabei von dem Frankfurter Hiphop-Duo „Azzis mit Herz“. Der Botschafter der Initiative „Respekt!“ Kwamena Odum sorgte auf der Bühne für Glanz und Schwung. Auch die Schirmfrau der Respekt!-Initiative, die ehemalige Fußballnationalspielerin Sandra Minnert war gekommen, um die Metaller zu unterstützen.

Erst sagen wir „integriert Euch“, dann nehmen wir ihnen den Pass weg

Das deutsche Recht trägt schon absurde Züge. Ein Rumäne, der seit fünf Monaten in Deutschland lebt, darf den Bürgermeister wählen, weil er EU-Bürger ist. Ein türkischer Migrant, der seit Jahrzehnten hier ist, arbeitet und Steuern zahlt, hat dieses Recht nicht. Das ist ungerecht.

Ein anderes Beispiel: Der in Deutschland geborene Sohn italienischer Eltern bekommt die deutsche Staatsbürgerschaft und kann seine italienische behalten. Warum? Weil das EU-Recht es ihm erlaubt. Stört es jemanden? Kein Mensch nimmt daran Anstoß und das ist auch gut so. Einem in Deutschland geborenen Türken bleibt das verwehrt, weil er kein EU-Bürger ist. Das ist ungerecht.

Doch es kommt noch schlimmer: Er muss sich bis zu seinem 23. Lebensjahr entscheiden, ob er die Staatsangehörigkeit seiner Eltern ablegt und Deutscher bleibt. Tut er das nicht, verliert er die deutsche Staatsangehörigkeit wieder, die er mit seiner Geburt erworben hat. Das nennt sich dann „Optionspflicht“.

Doch das Signal an diese jungen Menschen ist fatal. Es lautet: Ihr gehört hier nicht dazu. Petra Wlecklik vom IG Metall-Vorstand sagt dazu: „Wir können den Menschen nicht sagen, ihr sollt euch integrieren und ihnen dann den Pass wegnehmen.“ Das ist ungerecht.

Deutschland ist ein Einwanderungsland

Und es ist eine sinnlose Schikane. Bereits jetzt leben in Deutschland 4,5 Millionen Menschen mit zwei Staatsangehörigkeiten. Das schadet keinem und tut niemanden weh, erläutert Thorsten Jäger vom Interkulturellen Rat. Er sagt: „Das ist absurd, das Menschen die in Deutschland geboren sind, sich zwischen zwei Staatsangehörigkeiten entscheiden müssen.“ Deutschland ist ein Einwanderungsland, und er wünsche sich eine Politik, die die Realitäten anerkennt.

Dieser Ansicht ist auch der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Bertram Hilgen. „Es war eine der großen Lebenslügen, dass zu leugnen“, sagte das Stadtoberhaupt bei einer abendlichen Podiumsdiskussion. Hilgen ist sich sicher, dass sich diese Erkenntnis weiter durchsetzen und den Migranten eines Tages das kommunale Wahlrecht bringen wird.

Ein Wahlrecht – soviel ist klar – haben alle. Sie können dank des Betriebsverfassungsgesetzes unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit den Betriebsrat wählen. Die positiven Erfahrungen aus den Betrieben zeigen: Es geht. Und einen Rat an die Migranten gab Marianne Balle-Moudoumbou auf den Weg: „Einer der ersten Schritte zur politischen Beteiligung ist, Mitglied in der Gewerkschaft zu werden. Hier kann man sich beteiligen, mitbestimmen und bekommt Informationen.“
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