Brigitte Hamm und Hannes Koch zur OBS-Studie „Global Compact ...
„Die Marke ist ein Bestandteil des Unternehmens-Kapitals“

Wirtschaftsunternehmen sind schwach reguliert. An guten Taten sind sie häufig weniger interessiert als an guten Renditen. Trotzdem können sich auch deutsche Unternehmen dem „Global Compact“, einer Vereinbarung zur freiwilligen Nachhaltigkeitspolitik, beitreten. Wir haben mit Brigitte Hamm über ...

29. Juni 201029. 6. 2010


... die aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung zum Verhalten deutscher Unternehmen gesprochen.

Dem „Global Compact“ beizutreten sowie soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen, wird von den Sprechern der untersuchten Unternehmen offen auch als Imagepflege bezeichnet. Wenn Unternehmen – wie ihnen häufig vorgeworfen wird – nur nach Gewinnmaximierung streben, warum wollen sich moderne Unternehmen neben hohen Gewinnen auch das Label „sozial und ökologisch verantwortungsbewusst“ aneignen?
Unternehmen sind an ihrer guten Reputation interessiert, weil Skandale ihren Marken schaden. Die Marke an sich bildet einen wesentlichen Bestandteil des Kapitals von Konzernen. Eine günstige Wahrnehmung ist für Unternehmen auch bedeutsam, um von Rating-Agenturen in positive Ranglisten, an denen sich vor allem institutionelle Investoren orientieren, aufgenommen zu werden. Die Pflege eines guten Rufes wird somit zunehmend zum Bestandteil der Geschäftspolitik.

Ein Ergebnis der Studie besagt, dass der GC-Beitritt keine wirkungsvollere oder umfassendere Nachhaltigkeitspolitik der Unternehmen bewirkt hat, sondern lediglich der Status Quo offiziell ausgewiesen wurde. Gibt es Ideen für ein Instrument, dass mehr Impact verspricht?
Vor allem fehlt eine wirksame verbindliche Regulierung auf globaler Ebene. Unterhalb dieser Ebene gibt es aber verschiedene Möglichkeiten der politischen Steuerung durch Anreizsysteme, beispielsweise, indem öffentliche Aufträge und Beschaffung an die Einhaltung von Standards geknüpft werden. Auch die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind ein stärkeres Instrument, weil sie mit den jeweiligen Nationalen Kontaktstellen über eine Anlaufstelle für Beschwerden gegenüber Unternehmen, die gegen die darin niedergelegten Standards verstoßen, verfügen. Auch Verhaltenskodizes mit unabhängiger externer Überwachung ihrer Einhaltung dürften eine stärkere Wirkung als der Global Compact entfalten. Solche Kodizes scheinen am wirksamsten für die Verbesserung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, aber eher schwach bei der Durchsetzung von Gewerkschaftsrechten zu sein. Hier sind verbindliche Internationale Rahmenabkommen, die zwischen der Gewerkschaft und einem Unternehmen geschlossen werden vorzuziehen.
Dennoch sollte der Global Compact nicht als wirkungsloses Beiwerk im Gefecht unterschiedlicher Steuerungsformen abgetan werden. Ein Forum wie dieser Pakt für den Austausch auch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren kann zusätzlich die Möglichkeit des Lernens und der Überzeugung eröffnen. Das öffentliche Bekenntnis zu den Grundsätzen des Global Compact liefert zudem einen Maßstab für die kritische Bewertung der beteiligten Unternehmen.

Betriebsräte bezeichnen den GC-Beitritt für ihre eigene Arbeit als eher irrelevant. Welche Folgen könnten sich daraus ergeben, wenn die Nachhaltigkeitspolitik der Unternehmen zunimmt?
Bei allen vier untersuchten Unternehmen zeigte sich, dass die Betriebsräte aktiv in die Ausgestaltung der Nachhaltigkeitspolitik der Unternehmen eingebunden sind und diese mittragen. Die Nutzung des Global Compact könnte für die Gewerkschaften ein zusätzliches Forum bieten, um sich in Debatten über die soziale Verantwortung von Unternehmen, beispielsweise in den Zulieferketten, einzubringen.

Sie treffen im Fazit die Annahme, dass vor dem Hintergrund der Finanzkrise und der globalen Rezession die Bedeutung verbindlicher Regelungen an Brisanz gewinnen könnte. Was beobachten Sie in der Realität derzeit?
Ich glaube, dass die Finanz- und Wirtschafkrise in der Tat dazu geführt hat, dass sich das politische Umfeld gedreht hat und nun eine Stimmung für mehr Regulierung vorhanden ist. Die Vergangenheit zeichnete sich ja vor allem durch eine unkontrollierte Deregulierung ab. Das ändert sich nun allmählich. Beispiele für eine stärkere Regulierung sind die Gründung neuer EU-Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen und Wertpapiergeschäfte, die Registrierung von Rating-Agenturen bei der Finanzaufsicht, die internationale Diskussion über neue Abgaben und Steuern für Finanzinstitute und die schärferen Vorschriften für die Gestaltung von Gehältern und Bonuszahlungen. Gerade bei diesem Punkt lässt sich auch beobachten, dass die strengere Regulierung nicht nur die Finanzbranche, sondern auch andere Unternehmen betrifft. So erfassen die entsprechenden Gesetze des Deutschen Bundestages sämtliche Aktiengesellschaften.

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