Betriebsrat bei EPM in Frankenberg
Gegen den Strom

Arbeiten in der Kälte mit freiliegendem Strom, für unter acht Euro. Wer einen Betriebsrat will, fliegt raus. Das wollen sich die Beschäftigten des Schaltanlagenbauers EPM im sächsischen Frankenberg nicht länger gefallen lassen.

11. Januar 201311. 1. 2013


„Alle antreten. Wer einen Betriebsrat will, geht nach links, wer für die Firma ist nach rechts.“ Diesen „Test“ hat der Chef beim SchaltanlagenheElektro- Projekt Mittweida (EPM) im sächsischen Frankenberg in den letzten Wochen gleich dreimal durchgezogen. Zwei Beschäftigte gingen tatsächlich keck nach links – und kassierten prompt dieKündigung.

Ebenso wie Peter Pautz, der mit zwei weiteren Kollegen einen Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrats gebildet hat. Doch Peter Pautz ist immer noch da, per einstweiliger Verfügung vom Arbeitsgericht. Für die anderen zwei läuft noch die Kündigungsschutzklage. Die IG Metall Chemnitz gibt ihnen Rechtsschutz und begleitet die Betriebsratswahl. 100 Leute arbeiten hier. Den Betriebsrat wollen in Wahrheit alle, auch wenn viele noch Angst haben.

Kälte und Billiglöhne
„Wir halten durch. Wir haben ja keine Wahl, so wie es hier zugeht“, sagt Pautz. Der Ingenieur war jahrelang Leiharbeiter. Aber so etwaswie hier hat er noch nie erlebt: keine Heizung, lediglich Heizstrahler an den Arbeitsplätzen, keine Umkleide, keine Dusche und Löhne unter acht Euro. Die meisten brauchen zusätzlich Hartz IV zum Überleben.

„Dabei brummt der Laden“, betont Pautz. „Die Auftragsbücher sind voll.“ Die Presse berichtet gar über die Verdoppelung des Umsatzes gegenüber 2011.


Der Wahlvorstand zur Betriebsratswahl bei EPM in Frankenberg: Christian Riese, Monika Fleischer und Peter Pautz. Foto: Igor Pastierovic

Vor allem beim Arbeitsschutz hapert es gewaltig: Schaltschränke unter Strom stehen frei und ungesichert am engen Gang. „Ein Wunder, dass da noch nichts passiert ist“, staunt Patrick Wohlfeld von der IG Metall Chemnitz. Obwohl auch er bis vor kurzem Betriebsrat in der Leiharbeit war und einiges gewohnt ist. „Ich habe wirklich schon viel gesehen. Aber als ich das erste Mal bei EPM war, konnte ich kaum glauben, dass so etwas in Deutschland möglich ist.“ Damals im Oktober wollte ihn der Chef nicht reinlassen. Wohlfeld musste sich über das Gericht Zutritt verschaffen.

Bald ist Wahl
Gerufen hat ihn Peter Pautz. Ende August kam er ins Büro der IG Metall in Chemnitz, um Hilfe zusuchen. Es folgten Treffen in einer Kneipe. Beim ersten Mal kamen zehn Kollegen, beim fünften Mal dann schon 30.

Heute sind 43 Beschäftigte Mitglied der IG Metall. Der Chef hat die Steinzeitkeule eingepackt und behindert die Betriebsratswahl subtiler. Etwa indem er Pautz ständig auf Montage schickt, was er früher kaum gemacht hat. Aber: Der Aufruf zur Wahl hängt bereits aus. Mitte Januar ist es so weit.
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