Beschäftigte beim Windkraftanlagenhersteller Bard wehren sich
Saubere Branche, schmutzige Arbeitsbedingungen

Atembeschwerden, Allergien, Nasenbluten und Juckreiz: Das gehört zum Alltag vieler Menschen, die beim Windkraftanlagenhersteller Bard arbeiten. Der Grund: Epoxydharz macht den Beschäftigten das Leben schwer. Jetzt fordern sie ihre Chefs auf: Unsere Arbeit darf uns nicht krank machen.


Saubere Branche, schmutzige Arbeitsbedingungen – so geht es nicht weiter. Immer mehr Beschäftigte melden sich besorgt bei der IG Metall Emden. Ihre Frage: Warum ist es um den Gesundheitsschutz beim Windkraftanlagenhersteller Bard so schlecht bestellt? Warum werden die bei der Produktion von Rotorblättern verwendeten Härter nicht auf den Prüfstand gestellt?

Beschäftigte organisieren Aktion
Die IG Metall nimmt diese Fragen ernst. Heute startete sie, initiiert von Beschäftigten in Emden bei Bard, eine Aktion für saubere Jobs. Vor dem Werkstor wurden mit Beginn der Frühschicht Flugblätter verteilt, die über die Gefahren im Umgang mit Epoxydharzen informieren. Langarmshirts mit dem Aufdruck „Schütz’ Dich – Arbeiten bei Bard darf nicht krank machen“ wurden verschenkt, um noch mehr Menschen auf die gefährlichen Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Und auch vor der Bard-Konzernzentrale in Bremen wurden lautstark Infoblätter verteilt.

Foto: Carmen Jaspersen



Keine persönliche Schutzausrüstung
Frank Grabbert, Gewerkschaftssekretär der Emder IG Metall kann die Wut gut verstehen. „Fasst man die Aussagen der Betroffenen zusammen, scheint es, dass viele Gesundheitsprobleme im direkten Zusammenhang mit der Umstellung auf einen neuen Härter stehen“, weiß Grabbert. Der Einsatz von Betriebsmitteln wie beispielsweise Harze, von denen Gefährdungen ausgehen, unterliegt den strengen Auflagen des Arbeitsschutzgesetzes. Geregelt im Arbeitsschutzgesetz § 3. Doch das interessiert die Vorgesetzten nicht, klagen die Betroffenen. „Es scheint, dass bei Bard Emden Energie noch erheblicher Nachholbedarf beim Thema Arbeitsschutz besteht“, betont Wilfried Alberts, Erster Bevollmächtigter der IG Metall-Emden.



Keine Schulungen
Immer mehr Beschäftigte berichten über mangelhafte oder nicht richtig genutzte technische Einrichtungen, über unzureichende Schulungen sowie über eine ungenügende Unterweisung im Umgang mit dem Härter und anderen Gefahrstoffen. Ein junger Vater, der aus Angst, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, seinen Namen nicht nennen will, beschreibt es so: „Ich arbeite seit rund eineinhalb Jahren gerne bei Bard. Wegen der hohen Staubbelastung hatte ich mehrere Operationen der Atemwege. Es beunruhigt mich, dass ich in der Konfektion im direkten Kontakt mit Epoxydharzen arbeite und nicht weiß, wie gefährlich die Stoffe sind und ob unsere Schutzausrüstung ausreicht. Ich hatte keine Schulung dazu. Das muss sich ändern!“

Foto: Carmen Jaspersen



Kranken wird gekündigt
Die Liste der Vorwürfe ist lang: So haben die bei Bard eingesetzten Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter bisher nur vereinzelt eine Unterweisung und Schulung bezügliche der Gefahrstoffe bekommen. Etliche Beschäftigte, die eine Harzallergie bekamen, wurden abgemeldet und dann gekündigt. Besonders betroffen: die polnischen Leiharbeitnehmer. Sie müssen nach Aussagen ihrer Kollegen, die dreckigsten Arbeiten machen.

Beschäftigte wehren sich
Kein Wunder, dass die Beschäftigten zusammen mit der IG Metall den Druck erhöhen. „Auch wenn wir wissen, dass Bard gerade jetzt die Zeit für den Aufbau der Windkraftanlagen in der Nordsee dringend benötigt, darf die Gesundheit der Beschäftigten nicht hinten anstehen. Die Geschäftsleitung muss ganz schnell reagieren und Abhilfe schaffen“, appelliert Alberts.

Foto: Carmen Jaspersen



Während die Chefs keine Antwort auf die Gesundheitsprobleme haben, reagieren die Beschäftigten bereits: Immer mehr Bard-Mitarbeiter treten in die IG Metall ein. Der Grund liegt auf der Hand: Gemeinsam wollen sie etwas erreichen. Alberts: „Für sie aber auch für die Menschen hier an der Nordseeküste bedeutet die Windenergiebranche eine nachhaltige Zukunft. Arbeitnehmer in dieser Branche legen heute den Grundstein dafür. Nachhaltigkeit erfordert aber sowohl eine gesunde Umwelt als auch gute Arbeit für alle.“

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