Audi bietet jungen Menschen mit Behinderung eine Ausbildung
Wie bei Audi Inklusion funktioniert

Gesundheitlich eingeschränkt und in Ausbildung? Dass eine Behinderung eine Ausbildung nicht ausschließt, zeigt der Autohersteller Audi. Dort gibt es in Ingolstadt und Neckarsulm für 9 junge schwerbehinderte Menschen eingerichtete Ausbildungsplätze.


Wenn im Herbst beim Automobilhersteller Audi der neue Ausbildungsjahrgang ins Berufsleben startet, dann werden neun junge Menschen mit Schwerbehinderung unter diesen Berufsstartern sein. Darunter befinden sich unter anderem zwei sehbehinderte junge Menschen, die nur noch 15 Prozent ihrer Sehleistung haben. Außerdem eine gehörlose junge Frau. Und schließlich: ein Rollstuhlfahrer, der zugleich eine spastische Lähmung hat. „Das hatten wir noch nicht“, erläutert Rupert Klinger, Vorsitzender der Schwerbehindertenvertretung bei Audi. Der junge Kollege im Rollstuhl wird bei Prüfungen in der Berufsschule einen Begleiter dabei haben, damit er jemandem die Lösungen diktieren kann.

Ausbildung mit Schwerbehinderung beim renommierten Autobauer in Ingolstadt oder im Werk in Neckarsulm – „das funktioniert“, sagt Klinger. Das Unternehmen legt großen Wert darauf, seine Pflichten zu erfüllen und ausreichend vielen jungen Menschen mit einer gesundheitlichen Einschränkung eine Berufsausbildung zu ermöglichen. „Wir haben das Glück, dass wir einen Vorstand haben, der an dem Thema dranbleibt“, erläutert Klinger. Es gibt eine klare Vorgabe von oben: Mindestens acht schwerbehinderte junge Menschen sollen jedes Jahr ihre Ausbildung bei Audi beginnen. Hinzu kommen schwerbehinderte Jugendliche, die ein Berufsförderungsjahr durchlaufen. Bei den Ausbildungsberufen geht es dabei querbeet: Industriekauffrau, Werkzeugmacher, Kauffrau für Bürokommunikation, Fertigungsmechaniker, Fachkraft für Lagerlogistik.


Ausbildungsplätze bei Audi sind begehrt

„Wo immer wir eine Chance sehen, dass die jungen Leute die Prüfung bestehen, da stellen wir ein“, erläutert Schwerbehindertenvertreter Klinger. Dass die jungen Kolleginnen und Kollegen die Ausbildung nicht schaffen, ist denn auch die absolute Ausnahme. Die guten Voraussetzungen bei Audi haben sich offenbar herumgesprochen. Der Autohersteller hat genügend Bewerbungen, zuletzt waren es 40, von denen 25 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden. Zwölf bekamen eine Ausbildungsstelle, von denen drei dann noch abgesagt haben. Die Bewerber kommen dabei aus der ganzen Republik. Andere Automobilhersteller hingegen haben Probleme, genügend schwerbehinderte Bewerber zu finden. „Die grasen dann die Berufsförderungswerke ab auf der Suche nach Jugendlichen“, erzählt Klinger. Oftmals erfolglos.

Die Berufsförderungswerke sieht der Schwerbehindertenvertreter von Audi kritisch. Diese Werke würden immer größer und größer und bekämen ihr Geld vom Staat doch eigentlich, um junge Schwerbehinderte in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Das funktioniere aber oft nicht. „Viele Auszubildende bleiben da hängen“, sagt er. „Die arbeiten dann für einen Minimalbetrag.“ Wer hingegen eine Ausbildung in einem normalen Industriebetrieb mache, „der hat auch ein ganz anderes Selbstwertgefühl“, so Klinger. Zumal die Azubis bei Audi eine hundertprozentige Übernahmegarantie bekommen.


Berufsförderungswerke kritisch hinterfragen

Klinger ist der Meinung, dass der Gesetzgeber dem Treiben der Berufsförderungswerke einen Riegel vorschieben sollte. Schließlich ist Ausbildung auch in einem normalen Industrieunternehmen möglich, Audi macht es vor. Die Arbeitsplätze für die neuen Azubis, die im September anfangen, werden jetzt gerade eingerichtet. Für die sehbehinderten neuen Kollegen etwa werden spezielle PC-Arbeitsplätze mit Lupen zur Verfügung gestellt.

„Letztlich profitieren alle Beschäftigten davon, wenn Schwerbehinderte eingestellt werden“, erklärt Klinger. Es sei „immer ganz gut, wenn ein Rolli-Fahrer in den Betrieb kommt“, sagt er. „Dann sieht man erst, was alles nicht stimmt.“ Denn die Auszubildenden durchlaufen ja das ganze Werk. Werden die Arbeitsplätze dann behindertengerecht umgebaut, „dann nutzt das dem Unternehmen und letztlich auch den anderen Kolleginnen und Kollegen.“ Eine vollautomatische Tür oder eine Rampe ― solche Veränderungen kommen gerade älteren Beschäftigten sehr entgegen.

Gleichstellung und Integration - Inklusion
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