Arbeitnehmerrechte in Afghanistan
Gewerkschafter setzen Arbeitsrecht durch

Die Arbeitnehmervertreter in Afghanistan kommen voran, mithilfe der IG Metall: Gewerkschaft, Regierung und Arbeitgeber regeln Arbeitsschutz, Arbeitszeit und Urlaub nach deutschem Vorbild.

7. April 20107. 4. 2010


Arbeitnehmer in Afghanistan bekommen geregelte Arbeitszeiten, Urlaub und Arbeitsschutzrechte, nach deutschem Vorbild. Dies hat die afghanische Gewerkschaft NUAE durchgesetzt. Die IGMetall unterstützt die NUAE seit ihrer Gründung nach Ende der Taliban- Herrschaft 2002, mit Beratung, IG Metall-Seminaren in Afghanistan und Spenden zum Aufbau von Büros und Betriebsbetreuung.
 

Hintergrund:

Gewerkschafter bauen auf

(01.08.2009) Trotz heftiger Kämpfe in einigen Gebieten ist der Großteil von Afghanistan wieder relativ ruhig. Nun kämpfen hier Gewerkschafter: für Arbeit und Ausbildung, für ihre Rechte – und für die Teilhabe von Frauen. Die IG Metall unterstützt sie mit Fachleuten und Seminaren.

Gulbahar, 80 Kilometer nördlich von Kabul. 30 alte Meister schieben noch Wache in der einst größten Fabrik Afghanistans. Gebaut von Hochtief, voll mit deutschen Maschinen. Vor 30 Jahren produzierten hier 5000 Menschen Stoffe. Entwicklungshelfer der IG Metall bildeten Azubis aus. Vor dem Krieg.


Arbeit ― die fehlt heute in Afghanistan. Nach der US-Invasion und dem Sturz der Taliban startete 2002 die IG Metall die Initiative „Arbeit und Ausbildung in Afghanistan“. Frühere IG Metall-Entwicklungshelfer fuhren wieder nach Gulbahar, darunter der mittlerweile verstorbene IG Metall-Sekretär Reiner Sielaff als Initiator und der Maschinenbautechniker Peter Wiesner. Das Urteil: „Man könnte rasch wieder eine kleine Fertigungsstraße aufbauen, mittelfristig 20 Prozent der alten Produktion.“

Die IG Metall hat viele Gespräche geführt und Anträge gestellt. Doch offizielle Entwicklungspolitik läuft anders: „Einen einzelnen Industriebetrieb fördern, da sehen wir die Gefahr einer Insellösung“, sagt Nils Warner, Afghanistan-Referent im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. „Wir setzen auf Nachhaltigkeit: Schulen, Straßen ― Anreize für Investoren.“

„Naiv“, findetWiesner. Auch Sultan Amini sieht das anders. Er ist selbst Afghane, arbeitet beim IG Metall-Vorstand und fährt seit 2003 mit nach Afghanistan. „Wo sollen die Leute denn arbeiten, wenn sie aus der Schule kommen?“ Aus Aminis Sicht verpufft ein Großteil der Entwicklungsgelder in vielen Einzelprojekten von zig Hilfsorganisationen – oder fließt in die Nachbarländer, weil alles von außen zugekauft werden muss.

Gulbahar könnte zumindest Stoff für die Nachfrage im Land liefern ― und Arbeit schaffen. Arbeit ist auch das wichtigste Ziel der Gewerkschaft „National Union of Afghanistan Employees“ (NUAE), im Jahr 2003 gegründet, unterstützt von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der IG Metall. Seitdem ist die Zahl der NUAE-Mitglieder von 10000 auf 140 000 angewachsen. Die meisten sind arbeitslos.

„Wir kämpfen für den Wiederaufbau der Industrie. Wo Arbeit ist, gibt es auch keine Kämpfe und keinen Drogen-Anbau “, betont Gullalei Tscharki. Sie sitzt im Vorstand der NUAE. „Frauen teilhaben lassen“ ist das zweitwichtigste Ziel der Gewerkschaft. Frauen besetzen 20 Prozent der führenden Positionen – demokratisch gewählt, ohne Burka. Jedes Jahr kommen Amini und andere Metaller zur NUAE, machen Seminare und bauen internationale Kontakte auf. Mit kleinem Budget.

„Die IG Metall hat uns gezeigt, wie wir uns selbst Ziele setzen und umsetzen können“, erklärt der NUAE-Vorsitzende Mohammad Zaher. Mit schnellem Erfolg: Fünf Tage nach dem ersten Seminar im Jahr 2005 demonstrierten 60 000 Gewerkschafter vor dem Parlament in Kabul und erkämpften sich ihre gesetzliche Verankerung in einem neuen Arbeitsgesetz.
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