Annette Becker: Sartorius ist ein weltweit agierendes und schnell wachsendes Unternehmen, das bis zur Einführung von Workday in den einzelnen Gesellschaften die Personaldaten der Beschäftigten in unterschiedlicher Form gespeichert und verarbeitet hat. Eine Vereinheitlichung der Verarbeitung und der Personalprozesse war aus Unternehmenssicht dringend notwendig. Mit der Einführung von Workday sollte dieses Ziel erreicht werden. Darüber hinaus war bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass das Unternehmen sehr stark wachsen würde. Daher war „Recruiting“ das zweite Workday Modul, das eingeführt wurde. Mit ihm sollte der Recruiting-Prozess optimiert werden.
Ja, das war uns klar, weil wir umfangreiche Recherchen durchgeführt haben. Insbesondere über die Technologieberatungsstellen gibt es hilfreiches Informationsmaterial. Aber trotz dieser guten Informationsbasis haben wir uns sehr schnell dafür entschieden, uns externen Sachverstand dazu zu holen. Wir hatten eine Beraterin, die sehr viel Erfahrung in dem Zusammenhang hat und uns auf die Risiken und Nebenwirkungen hinweisen konnte.
Es war für alle Beteiligten, auch für die HR-Verantwortlichen klar, dass ein so bedeutendes Thema wie ein neues Personalmanagementsystem nur mit einer umfassenden Betriebsvereinbarung geregelt werden kann. Hier geht es ja nicht nur um essenzielle Belange der Beschäftigten, etwa in Hinblick auf den Datenschutz, sondern auch um die Wahrnehmung der Mitbestimmung, also um unsere Rolle und unsere Berechtigungen als Betriebsrat. Der gesamte Anhörungsprozess wird über Workday abgewickelt.
Für uns war es wichtig, von Anfang an bei allen Entscheidungen eingebunden zu sein und alle Informationen, die zur Entscheidungsfindung notwendig sind, auch zu erhalten. Darüber hinaus wollten wir auch unsere Prozesse im Rahmen der Mitbestimmung verbessern.
Nun, wir haben jetzt zum Beispiel im Recruiting den Zugriff auf die Unterlagen aller Bewerber, die es für eine Stelle gibt; und wir sehen, wo sich der Prozess gerade befindet. Diese Transparenz hatten wir vorher nicht. Durch den Anhörungsprozess im Workday-System werden nun keine PDFs mehr per Mail verschickt, die sensiblen Daten enthalten. Das ist ein Plus in Bezug auf Datensicherheit.
Einheitliche Personalinformations- bzw. Personalmanagementsysteme haben den Vorteil, dass es einheitliche, transparente Prozesse für alle Beteiligten gibt. Durch gute Regelungen können Mitbestimmungs- und Informationsmöglichkeiten für den Betriebsrat erheblich ausgebaut werden. Wenn es gut läuft, wird auch die Bedienbarkeit des Systems für alle Beteiligten und Beschäftigten besser als vorher sein.
Wenn es schlecht läuft und die relevanten Punkte nicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden, gibt es sicherlich verschiedene Risiken – zum Beispiel, dass der Datenschutz nicht gewährleistet ist, dass der Betriebsrat nicht mehr, sondern weniger Informationen erhält, und dass Entscheidungen auf der Basis von künstlicher Intelligenz getroffen werden.
Das haben wir geschafft, indem wir nicht nur eine sehr umfassende Rahmenvereinbarung dazu abgeschlossen haben, sondern indem wir auch weiterhin in einem regelmäßigen Austausch mit den HR-Verantwortlichen zu allen Themen und möglichen Problemen, die es in dem Zusammenhang gibt, sind.
Wir haben den Arbeitgeber frühzeitig darüber informiert, dass wir eine externe Sachverständige, die auf dem Gebiet sehr viel Erfahrung hat, beauftragen wollen. Dies wurde auch nicht in Frage gestellt, sondern die Notwendigkeit wurde auch vom Arbeitgeber gesehen und akzeptiert.
Der Konzernbetriebsrat hat eine Arbeitsgruppe installiert, die sowohl aus Vertretern der sogenannten „IT-AG“ des Betriebsrats besteht als auch aus „Praktikern“, also denjenigen, die in den Betriebsausschüssen direkt mit den Personalprozessen zu tun haben. Es wurden regelmäßige Termine zur Verhandlung der einzelnen Module eingestellt, teilweise auch mit Begleitung der externen Sachverständigen. Auch nach Einführung der Module gibt es regelmäßige Austauschtermine, denn am Anfang ist niemals alles perfekt; es gibt immer einen gewissen Anpassungsbedarf.
Da unsere Zusammenarbeit mit den HR-Verantwortlichen insgesamt gut war, kann ich in dieser Hinsicht aus BR-Sicht wenig berichten. Natürlich ist es immer mit einigen Unannehmlichkeiten verbunden, sich auf ein neues System einzustellen – egal wie viele Vorteile es bietet. Für diejenigen, die auf HR-Seite mit dem System arbeiten mussten, waren die Herausforderungen durch die Umstellung sicherlich erheblich größer.
Elementar war eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem HR-Bereich und deren Verständnis des deutschen Mitbestimmungssystems. Sehr geholfen hat letztendlich auch unsere externe Sachverständige, deren Kompetenz von beiden Seiten geschätzt wurde.
Da das Thema in jedem Fall sehr komplex ist und mögliche Fehler schon bei der Einführung vermieden werden sollten, empfehle ich die Hinzuziehung von betriebsratsnahen Sachverständigen. Die Ziele, die mit der Einführung erreicht werden sollen, sind konkret mit HR abzustimmen. Die einzelnen Module, um die es jeweils geht, sollten gesondert betrachtet werden. Es ist nicht sinnvoll, alles „in einen Topf“ zu werfen. Darüber hinaus sollten man sich mit dem Thema unter unterschiedlichen Perspektiven auseinandersetzen, also auch die Auswirkungen auf verschiedene Beschäftigtengruppen, etwa auf Produktionsmitarbeiter im Auge behalten.