Weltflüchtlingstag: Wie Metaller Geflüchteten helfen
Brillen, Kleidung und wo sonst noch Not herrscht

Seit drei Jahren unterstützten wir in vielfacher Weise Geflüchtete. Ein besonders erfolgreiches Beispiel ist „Der Laden“ in Frankfurt, der Sprachkurse und den Weg in die Arbeit begleitet. Denn ein Job ist das A und O, um in der Fremde Fuß zu fassen.

20. Juni 201820. 6. 2018


Hier eine Spielecke mit Kaufmannsladen für Kinder. Daneben ein Kleiderständer mit gespendeten Sachen, wo Besucher sich etwas Passendes aussuchen können. Im hinteren Teil des Ladens ein Besprechungstisch, an dem deutsche Vokabeln und Grammatik gepaukt werden. Unsere Beratungsstelle für Geflüchtete sieht man an: Hier brodelt das echte Leben, hier wird auch mal improvisiert, hier hilft man den Leuten und begegnet sich auf Augenhöhe. Da geht es beispielsweise darum, Geflüchteten eine Brille zu besorgen, die das Jobcenter nicht bezahlt, die aber nötig ist, um Deutsch zu lernen.
 

In der IG Metall-Beratungsstelle für Geflüchtete in Frankfurt kümmern sich Yordanos und Zohra um einen ratsuchenden Gast. Foto: Bianka Huber


Ideengeberin und das Herz des Ganzen ist Bianka Huber. Die Allrounderin und Gewerkschafterin war die treibende Kraft, dass sich wir uns vor zweieinhalb Jahren dazu entschlossen, den „Laden“ ins Leben zu rufen. Eine Anlaufstelle für Geflüchtete im Zentrum von Frankfurt, fünf Minuten vom Hauptbahnhof entfernt. Im „Laden“ wird Graswurzelarbeit geleistet. Es gibt Deutschkurse. Vormittags für Einsteiger, nachmittags für Fortgeschrittene. Hier wird vertieft, was die Geflüchteten eigentlich in den staatlich bezahlten Integrationskursen lernen sollen. Das Tempo dort ist oftmals viel zu schnell. Da kommen viele nicht mit und brauchen zusätzliche Unterstützung.


Breite Sprachkompetenz

Die Deutschkurse im „Laden“ sind auch ein Sammelbecken für Menschen, die keinen Anspruch auf einen staatlich geförderten Sprachkurs haben. Wichtige Unterstützung erhält die Beratungsstelle durch Zohra Zewari-Pouya aus Afghanistan, die die Sprachen Dari, Pashtu, Farsi, Urdu, Englisch und Deutsch beherrscht. Ihre Kollegin Yordanos Aradom spricht fließend die Sprachen Tigrinya, Italienisch, Arabisch, Englisch, Deutsch. Diese breite Sprachkompetenz ist von immenser Bedeutung für die Beratungsstelle, weil die Geflüchteten in ihrer Muttersprache angesprochen werden können und sich dadurch besser aufgehoben fühlen.

Bianka Huber und ihr Team helfen den Geflüchteten mit praktischer Unterstützung, so gut sie können. „Die Geflüchteten kommen her, weil sie in Not sind, nicht klar kommen mit deutschen Behörden, oder einfach um ihren Tag zu strukturieren“, so Hubers Eindruck. „Manche haben Angst vor der Einsamkeit. Manche sind froh, für ein paar Stunden aus den Gemeinschaftsunterkünften raus zu kommen.“ Montags ist immer viel los. Da gibt es kostenlose Rechtsberatung. Inzwischen kommen auch viele Frauen. Durch das Leben in der deutschen Gesellschaft emanzipieren sie sich in hoher Geschwindigkeit und entwickeln ein ganz anderes Bewusstsein von ihrer Rolle als Frau. Durch eigene Kinder lernen sie häufig die Sprache schneller als die Männer.


Gute Erfahrungen mit Geflüchteten

„Wir wollen die Leute in Ausbildung oder Arbeit vermitteln“, formuliert Huber ein zentrales Ziel der Beratungsstelle. „Wenn Geflüchtete eine Bleibeperspektive haben, ist das gar nicht so schwer. Viel schwieriger ist es, eine Wohnung zu vermitteln.“ Das muss oft sehr schnell passieren. Denn wenn Geflüchtete eine Arbeit bekommen, werden sie sofort aus den Unterkünften abgemeldet. Da tut sich eine richtige Notlage auf. Mehrfach hat sie Fälle von Mietwucher in Frankfurt erlebt. Eine Mietmafia versucht aus der Not der Betroffenen Profit zu schlagen. „Manche Vermieter knöpfen in dieser Situation für einen Schlafplatz mit Matratze und Spind 780 Euro Miete im Monat ab“, beklagt Huber.

Ein großes Thema ist auch die Anerkennung von Bildungsabschlüssen, die die Geflüchteten in ihrer Heimat gemacht haben und mit denen sie nun versuchen, hier auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen. Die Anerkennung eines Realschulabschlusses kostet 250 Euro. „Niemand hat so eine Summe übrig“, sagt Huber. „Viele haben ihr ganzes Geld den Schleppern gegeben.“ Es gibt kaum vergleichbare Einrichtungen wie unsere Beratungsstelle für Geflüchtete. Das hat sich nicht nur in Frankfurt unter den Geflüchteten selbst herumgesprochen. Die kommen hierher, ohne dass Huber groß Werbung machen müsste. Lob kommt auch von der Politik. Vor kurzem besuchte ein Bundestagsabgeordneter den „Laden“, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Unterm Strich macht man im „Laden“ sehr gute Erfahrungen mit den Geflüchteten. „Sie sind sehr um Integration bemüht und geben trotz großer Probleme nicht auf.“


Großes Engagement

Auch andernorts kümmern sich unsere Mitglieder sehr engagiert um die Integration von Geflüchteten. Bei Thyssen-Krupp werden seit 2015 150 Geflüchtete ausgebildet. Die Initiative, die auch von der Jugend- und Auszubildendenvertretung unterstützt wird, ist ein großer Erfolg. „Eine Ausbildung ist der beste Anfang, um sich in Deutschland zu integrieren und eine Zukunft aufzubauen“, sagt der Metaller Simon Benemann. Bei Salzgitter Flachstahl AG bekommen Geflüchtete eine Einstiegsqualifizierung im Rahmen des sogenannten Integrationsjahres, um dann eine Ausbildung zu beginnen. Viele ähnliche Initiativen gibt es bei den Automobilherstellern und Zulieferern. Überall sind auch die jeweiligen Betriebsräte maßgeblich beteiligt und oft ist es der persönliche Kontakt, der zu einer gelungenen Integration führt.

Gleichstellung und Integration

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