Warum die Arbeitszeit auf den Prüfstand muss
Neue Arbeitszeiten braucht das Land

Arbeit ist wichtig, aber dennoch nicht das ganze Leben. Immer mehr Beschäftigte wollen mehr Freiraum, den sie nach ihren Wünschen gestalten können. „Arbeitszeit ist dafür die zentrale Stellschraube“, erklärt Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Höchste Zeit also, neue und humane ...


28. September 201528. 9. 2015


... Arbeitszeitmodelle zu finden.

Alte Rollenbilder hindern Väter daran, mehr Verantwortung in der Familie zu übernehmen. Denn noch immer ackern viele Männer im Betrieb bis zum Umfallen. Ein großer Teil der Frauen dagegen, arbeitet in Teilzeit. Sie betreuen zusätzlich zum Job die Kinder, erledigen den Haushalt und einige Frauen arbeiten auch deshalb kürzer, weil sie keine Vollzeitstelle finden. Doch dieses Modell gerät immer stärker ins Wanken. Das war kürzlich auch Konsens auf einer Tagung des Bundes-Männerforums im Haus der Berliner IG Metall. Einhundert Teilnehmer forderten dort: Schluss mit traditionellen Rollenmustern.

In Vollzeit arbeitende Männer und Frauen mit überlangen Arbeitszeiten würden gerne kürzer arbeiten. Ein großer Teil der Teilzeitbeschäftigten Frauen würde gerne länger arbeiten. Das hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Wenn einerseits viele Vollzeitbeschäftigte weniger arbeiten wollen und viele Teilzeitbeschäftigte, meist Frauen, die Arbeitszeit ausweiten möchten, spiegelt sich darin der Wunsch nahezu aller Erwerbstätiger nach einer besseren Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf. Arbeitszeit ist dafür die zentrale Stellschraube.


Tatsächlich haben sich die Lebenslagen verändert. Erwerbsarbeit ist wichtig, aber nicht das ganze Leben. Das „Alleinverdienermodell“ wird nur noch von einer Minderheit der Familienbefürwortet. Arbeitgeber fordern mehr Mobilität und sie erwarten von ihren Beschäftigten, für den Job auch lange Strecken zu pendeln oder gar umzuziehen. Beschäftigte wünschen sich mehr selbst bestimmte Flexibilität und eine lebensphasenorientierte Gestaltung von Arbeitszeiten.

„Wir sollten ein neues Normalarbeitsverhältnis anstreben“, erläuterte Jörg Hofmann. Ziel müsse es sein, dass bei unbefristeter Vollzeitarbeit die Arbeitszeit für Pflege- und Betreuungsaufgaben, berufliche Bildung und flexiblen Altersübergängen möglich macht. Denn: „Männer und Frauen, Väter und Mütter wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, so Hofmann.

Die IG Metall will, dass die Arbeitnehmer mehr als bisher über die eigene Zeit verfügen können und ihre Arbeitszeit auch selbst flexibler gestalten können. Um Zeit für die Familie, Freizeitinteressen, Qualifizierung, Ausspannen oder einen flexiblen Einstieg in die Rente zu haben. Notwendig sind alters- und alternsgerechte Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit erhalten. Denn ob Beschäftigte kürzer oder länger erwerbstätig sein werden, hängt entscheidend von den Arbeitsbedingungen ab. Dabei ist es auch notwendig, genau hinzuschauen, wie die Arbeitszeiten aussehen.

Heute kann fast jeder Dank Laptop und Smartphone überall und jederzeit arbeiten. Tatsächlich arbeiten viele Beschäftigte so viel, dass für alles andere Wichtige im Leben nicht mehr viel Zeit und Energie bleibt. Und sie arbeiten häufig deutlich länger als der Tarifvertrag es vorsieht. Gute Arbeit und gutes Leben sieht anders aus. Dazu gehört: Jeder muss Arbeit, die er leistet, vergütet bekommen oder sollte dafür einen Freizeitausgleich erhalten.

Das Thema Arbeitszeit bewegt die Menschen. Und die IG Metall wäre nicht die IG Metall, würde sie ein Thema, das die Beschäftigten so stark bewegt, nicht anpacken. Dass will sie auf ihrem Gewerkschaftstag im Oktober tun und dort auch beraten, wie neue humane Arbeitszeiten aussehen und gestaltet werden können.

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen