Tarif bei Dormakaba in Schwenningen
Schluss mit der Kappung von Überstunden

Massig Überstunden für die Firma arbeiten, die dann einfach verfallen – und das ausgerechnet bei einem Hersteller von Terminals für die Zeiterfassung. Die Beschäftigten von Dormakaba in Schwenningen hatten die Nase voll. Gemeinsam mit der IG Metall holten sie sich einen Tarifvertrag.

11. Oktober 201711. 10. 2017


3500 Überstunden. Das war der Stand der Arbeitszeitkonten der rund 200 Beschäftigten Anfang des Jahres 2017 bei Dormakaba in Schwenningen. Ein Jahr zuvor waren es noch 1100 Überstunden. Das lag daran, dass damals noch ein Großteil der Überstunden zum Quartalsende gekappt wurde. So war es in zahlreichen Arbeitsverträgen geregelt. Dabei hatten zwei Drittel der Belegschaft ohnehin schon 40 Stunden in ihren Verträgen stehen. Und das alles ausgerechnet bei einer Firma, die Terminals für die Zeiterfassung herstellt.

Die Beschäftigten stimmten der Streichung der Überstunden und andere Arbeitsbedingungen überhaupt nicht zu, dieses zeigte eine Umfrage des Betriebsrates mit Unterstützung der IG Metall. Diesen Unmut äußerten die Beschäftigten nicht nur in der Umfrage. Sie unterstrichen ihre Forderungen auch mit kreativen Aktionen. Beispielsweise ließen sie Ballons mit Postkarten an die Geschäftsführung steigen. Im Dezember 2016 ― über die Hälfte der Beschäftigten war mittlerweile Mitglied der IG Metall – traten sie schließlich in einen mehrstündigen Warnstreik. Ihr Ziel: ein Tarifvertrag.

 


 

Beschäftigte erkämpfen Tarifvertrag

„Der Großteil der Beschäftigten am Standort Schwenningen war schon seit Jahren unzufrieden, seit die Firma 2006, damals noch Kaba GmbH, aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist und es auf einmal 40-Stunden-Verträge gab. Die Lohnerhöhungen entfernten sich immer weiter vom Tarifniveau. Und das Leistungsentgelt war nicht mehr wirklich beeinflussbar“, erzählt Betriebsrat Ralf Altmann, der als Entwickler arbeitet. „Doch damals gab es nur wenige IG Metall-Mitglieder und wir haben uns nicht gewehrt. Durch den Zusammenschluss mit dem Dorma-Konzern, der tarifgebunden ist, zu dormakaba war für uns klar, dass wir jetzt agieren müssen.“

Das erste Ziel ― ein Ende der Kappung der Überstunden setzen Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall schon in März 2016 durch. Doch es dauerte fast noch ein ganzes Jahr bis sie in den Tarifverhandlung den Durchbruch schafften. Seit Februar gilt bei Dormakaba Schwenningen nach elf Jahren endlich wieder ein Tarifvertrag der IG Metall ― ein sogenannter Einführungs-Tarifvertrag: Demnächst wird die Belegschaft nach der ERA-Systematik neu eingruppiert. Schritt für Schritt soll es nun auf das Niveau des ERA-Flächentarifs der IG Metall für die Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg gehen, hoch beim Lohn ― und runter bei der Arbeitszeit.


Zeit bleibt für private Bedürfnisse

Für die Beschäftigten ist das Leben leichter geworden. Ihre Zeit bleibt und sie können sie nehmen, wenn sie mal privat etwas erledigen müssen.

„Früher, als die Überstunden zum Quartalsende gestrichen wurden, musste man immer aufpassen und rechtzeitig freimachen, um keine Zeit zu verlieren“, erklärt David Brachnak, der im Produktservice, dem sogenannten „Third Level Support“, arbeitet. „Heute habe ich die Möglichkeit, Gleitzeit aufzubauen ― und sie jederzeit zu nehmen, wenn ich sie brauche. Nun hoffe ich, dass die kommende ERA-Eingruppierung fair läuft und uns Arbeitnehmern zugutekommt.“

Besser mit Tarif
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