Stahl-Tarifrunde 2019
Mehr Zeit und Geld und eine bessere Altersteilzeit

Die IG Metall-Mitglieder in der Eisen- und Stahlindustrie diskutieren gerade ihre Forderungen für die Stahl-Tarifrunde. Im Laufe der Woche beschließen die Tarifkommissionen ihre Empfehlung. Wir waren bei der Forderungsdebatte der Vertrauensleute der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann dabei.

4. Dezember 20184. 12. 2018


Sechs Uhr morgens in der „Hüttenschänke“, der Kantine der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) in Duisburg. 95 IG Metall-Vertrauensleute aus der Nacht- und Frühschicht haben sich hier versammelt, um ihre Forderung für die anstehende Tarifrunde in der Eisen- und Stahlindustrie zu diskutieren. Es geht um mehr Geld. Die Stahlindustrie hat sich seit dem Einbruch vor rund drei Jahren kräftig erholt.


Wahloption auf freie Tage wie in der Metallindustrie

Aber es geht auch darum, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten mehr selbst bestimmen können. Im Gespräch ist eine Wahloption zur Umwandlung von Geld in zusätzliche freie Tage, wie sie die IG Metall bereits in der Metall- und Elektroindustrie im Februar durchgesetzt hat – und die bei den Beschäftigten sehr beliebt ist. „Viele Kollegen haben schon gefragt, wo sie ihren Antrag auf die acht Tage abgeben können – und waren dann enttäuscht, dass das bislang nur für die Metallindustrie gilt“, erzählt ein Vertrauensmann.

Thomas Kennel von der IG Metall Duisburg-Dinslaken erklärt den versammelten Vertrauensleuten, wie die Wahloption im Metall-Tarif funktioniert: entweder Geld aus einer neuen Sonderzahlung, dem tariflichen Zusatzgeld – oder tarifliche Freistellungszeit in Form zusätzlicher acht freier Tage. Einige Vertrauensleute plädieren dafür, die Option auf acht freie Tage auf alle Beschäftigte auszuweiten. In der Metall- und Elektroindustrie gilt der Anspruch nur für Beschäftigte, die Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder Schicht arbeiten. Allerdings arbeitet die Mehrheit der Stahl-Beschäftigten ohnehin im Drei-Schicht-Betrieb. Sie erhoffen sich durch die freien Tage mehr Verschnaufpausen.


Beschäftigte erwarten deutlich mehr Geld

Beim Geld erwarten die 3100 Beschäftigten bei HKM eine kräftige Erhöhung, das berichten die Vertrauensleute aus Gesprächen an den Arbeitsplätzen. Die ökonomischen Rahmenbedingungen sind deutlich günstiger als bei der letzten Stahl-Tarifrunde. Das zeigen die Zahlen, die Uwe Fink, Tarifpolitiker vom IG Metall-Vorstand hier präsentiert. Preise, Umsätze und damit auch die Erlöse sind deutlich gestiegen. Die Stahlwerke sind zu rund 90 Prozent ausgelastet.

Auch bei HKM brummt die Hütte. Überall fehlen Arbeitskräfte. Und das Unternehmen investiert viele Millionen in neue, umweltfreundlichere Anlagen – und damit in die Zukunft des Werks und der Arbeitsplätze. Das haben die IG Metall-Mitglieder bei HKM - rund 80 Prozent der Belegschaft – in einem speziellen Tarifvertrag Anfang des Jahres durchgesetzt. „Wir sehen, dass wir mit Stahl wieder Geld verdienen können“, erklärt ein Vertrauensmann. „Daher können wir auch mit breiter Brust in die Tarifrunde gehen.“


Forderung durchsetzen – notfalls mit Druck

Die Vertrauensleute bei HKM in Duisburg sind sich über ihre Forderungen zur Tarifrunde schnell einig. Die Diskussion auf der Hütte, an den Arbeitsplätzen, in den Sitzungen und Gremien der IG Metall läuft seit Monaten, besonders intensiv in den letzten Tagen. Neben mehr Geld und der Option auf freie Tage fordern die Vertrauensleute auch eine Verlängerung des Tarifvertrags zur Altersteilzeit, der Beschäftigten einen früheren Altersausstieg ermöglicht – sowie eine Fortführung des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung, der unter anderem eine Absenkung der Arbeitszeit in Krisenzeiten ermöglicht.

Eine Forderung aufzustellen, bedeutet jedoch noch lange nicht, dass daraus dann automatisch ein guter Tarifabschluss wird, macht Ralph Winkelhane, Leiter der IG Metall-Vertrauensleute bei HKM klar. Der Tarifabschluss muss auch durchgesetzt werden, notfalls mit Warnstreiks und Streiks. „Wir bekommen hier nichts geschenkt. Das ist eine Frage der Macht. Wir müssen den Arbeitgebern deutlich und selbstbewusst zeigen: Wir sind es, die hier mit unserer Arbeit die Werte schaffen“, betont Winkelhane. „Daher meine Frage an Euch als Vertrauensleute: Kriegen wir das hin, dass wir die Leute gut informieren, beteiligen und zu Warnstreiks herausholen?“ Ein spontanes „Ja“ kommt von den Vertrauensleuten in der Hüttenschänke.


So geht die Stahl-Tarifrunde weiter

Die Forderung der Vertrauensleute bei HKM fließt nun ein in eine gemeinsame Forderung der IG Metall-Geschäftsstelle Duisburg-Dinslaken, zu der noch weitere Stahlwerke gehören, etwa Arcelor-Mittal und Thyssen-Krupp in Duisburg. Die Geschäftsstelle Duisburg entsendet gewählte Vertreter in die Tarifkommission der IG Metall für die Eisen- und Stahlindustrie Nordwest. Von HKM sind sieben Vertreter in der Kommission dabei, unter anderem Vertrauenskörperleiter Ralph Winkelhane.

Heute wird die Stahl-Tarifkommission Nordwest ihre Tarifforderung aufstellen und – als Empfehlung für den Vorstand der IG Metall. Am Mittwoch folgt dann die Tarifkommission Ost und am 10. Dezember beschließt der IG Metall-Vorstand die endgültige Forderung und übermittelt sie an die Arbeitgeber.

Am 10. Januar 2019 beginnen dann die Verhandlungen mit den Arbeitgebern für die Eisen- und Stahlindustrie Nordwest. Die Verhandlungen übernimmt eine Verhandlungskommission, die aus Mitgliedern der gewählten Tarifkommission besteht.

Die Friedenspflicht endet am 31. Januar. Danach kann die IG Metall die Beschäftigten in der Eisen- und Stahlindustrie zu Warnstreiks aufrufen, um Druck für ihre Forderungen machen.

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