Schichtarbeit bei BMW in Leipzig
Nur ein richtiges Wochenende frei im Monat

80 Prozent der Beschäftigten bei BMW Leipzig arbeiten in Schicht, meist auch am Samstag. Ein freies Wochenende mit Familie und Freunden haben viele nur einmal im Monat. Deshalb stehen sie hinter der Tarifforderung der IG Metall nach Arbeitszeiten, die zum Leben passen.

12. Dezember 201712. 12. 2017


8000 der rund 10 000 Menschen auf dem Werksgelände bei BMW in Leipzig arbeiten Schicht: BMW-Stammbeschäftigte, Leiharbeiter bei BMW sowie Beschäftigte von Fremdfirmen. Ein Großteil von ihnen arbeitet in verschiedenen Schichtsystemen an fünf Tagen in der Woche, auch am Samstag.

Ein richtiges Wochenende frei haben viele nur einmal im Monat. Das bedeutet weniger gemeinsame Zeit mit der Familie, mit den Kindern und Freunden. „Die Kolleginnen und Kollegen in Schicht bei BMW in Leipzig sind extrem oft zur Samstagsarbeit eingeteilt. Das hängt mit den Möglichkeiten der Schichtplangestaltung zusammen“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Jens Köhler. „Die Beschwerden nehmen zu und die Unzufriedenheit steigt stetig. Daher ist das ein Thema, das wir angehen müssen.“

 

Mitarbeiter des BMW Werks Leipzig bei der Montage des BMW i8. Foto: BMW AG, München

 


Bei der Beschäftigtenbefragung der IG Metall im Frühjahr gab es bei BMW in Leipzig bei der Arbeitszeit mit die schlechtesten Ergebnisse unter den bundesweit 680 000 befragten Arbeitnehmern. 80 Prozent lehnen die häufige Wochenendarbeit ab. Deshalb finden es die Beschäftigten richtig, dass die IG Metall die Arbeitszeiten anpackt. Arbeitszeiten müssen zum Leben passen.

„Was nutzt es mir, wenn ich Mittwoch und Donnerstag frei habe, wenn meine Freunde und meine Familienmitglieder arbeiten und die Kinder in der Schule sind?“, fragt sich Frank Kürschner, der Schicht im Karosseriebau arbeitet. „Ich hätte lieber öfter das ganze Wochenende frei, dann könnte ich auch mal mit Familie und Freunden meine Freizeit verbringen.“


Hauptproblem 38-Stunden-Woche?

Ein großes Problem für die Schichtbeschäftigten bei BMW in Leipzig ist, dass bei ihnen in Sachsen nicht die 35-Stunden-Woche sondern die 38-Stunden-Woche gilt. BMW produziert in Leipzig an sechs Tagen in der Woche, von Montag bis Samstag und in vielen Bereichen rund um die Uhr. Aus 38 Stunden lassen sich nur sehr schlecht vernünftige Schichtsysteme machen. Rechnerisch wären das fünf Tage à 7,6 Stunden oder 4 Tage mit je 9,5 Stunden. Die passen aber nicht in den Produktionszyklus, den BMW vorgibt.

„Manchmal haben wir Schichtmodelle, in denen die Kolleginnen und Kollegen durch die Zyklen nicht ganz auf ihre Wochenstunden kommen, dafür müssen sie dann wieder extra reinkommen, um das auszugleichen“, meint Robert Döring, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und Leiter der IG Metall-Vertrauensleute bei BMW in Leipzig. Bei Arbeitstagen von neun Stunden je Schicht bedeutet, dass die Beschäftigten mit Pausen fast zehn Stunden im Betrieb sind. In Leipzig arbeiten zudem viele Pendler, die dann nach der Schicht noch weit mit dem Auto fahren müssen. Rein rechtlich ist das zulässig, aber egal wie, es bleibt nicht viel Zeit außerhalb der Arbeit übrig.

„Wir müssen hier in Sachsen rund drei Arbeitswochen im Jahr mehr arbeiten als im Westen. Das macht im Schnitt drei Jahre mehr Arbeit in einem Arbeitsleben von 45 Jahren“, kritisiert Döring. „Die 35-Stunden-Woche würde uns da sehr helfen. 28 Jahre haben die Arbeiterinnen und Arbeiter hier in Sachsen bewiesen, dass sie arbeiten können. Es ist wirklich an der Zeit, die Arbeitsbedingungen anzugleichen.“


Arbeitsbedingungen angleichen!

Die IG Metall hat daher die Einführung der 35-Stunden-Woche auch im Osten in die laufen Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern genommen. Der sogenannte Mantel-Tarifvertrag, in dem die 38-Stunden-Woche in Sachsen festgeschrieben ist, ist erst zum 30. Juni 2018 kündbar und daher bis dahin nicht arbeitskampffähig. Die IG Metall will eine friedliche Lösung am Verhandlungstisch und will die Arbeitgeber bereits in der jetzigen Entgelttarifrunde dazu bringen, einen Prozess zur Angleichung der Arbeitsbedingungen in Ost und West zu vereinbaren, also einen Weg zur 35-Stunden-Woche auch im Osten. Doch bislang weigern sich die Arbeitgeber überhaupt darüber zu reden.

„Auch die Kollegen im Westen stehen hinter uns“, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Jens Köhler. „Wir sind mittlerweile in Leipzig mindestens genauso produktiv wie andere Werke. Unsere Kolleginnen und Kollegen im Westen bekommen ständig vom Management vorgehalten: Die in Sachsen arbeiten drei Stunden länger und sind flexibler. Damit muss endlich Schluss sein.“

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