Rente: Koalitionsbeschlüsse und Nahles-Konzept
Die Rentenpläne der Regierung im IG Metall-Check

Mehr Schutz gegen Altersarmut und Ost-West-Angleichung: In die Rentenpolitik kommt Bewegung. Doch was taugen die Beschlüsse des Koalitionsausschusses? Und reichen die Pläne von Arbeitsministerin Andrea Nahles wirklich aus?

30. November 201630. 11. 2016


Wochenlang hatten Journalisten, Rentenexperten und Politiker gewartet: Wann stellt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihr angekündigtes Rentenkonzept vor? Am vergangenen Freitag war es so weit: Nachdem am Vorabend die Spitzen der großen Koalition im Kanzleramt erste Reformschritte festgezurrt hatten, trat Nahles vor die Hauptstadtpresse.

Wir fragen: Was bringen die Beschlüsse der Koalition den Versicherten? Was können sie von den weiteren Plänen erwarten? Hier unser Check:


Erwerbsminderungsrente

Die Bunderegierung will den Beziehern von Erwerbsminderungsrenten drei zusätzliche Jahre bei der Rente anrechnen. Die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente würde dadurch um rund 50 Euro auf rund 760 steigen.

Die Maßnahme ist durchaus positiv – sie bringt Betroffenen bares Geld. Kritikpunkte bleiben aber: Die Anhebung soll sich bis 2024 hinziehen. Außerdem bleibt es bei den systemwidrigen Abschlägen von bis zu 10,8 Prozent. Erwerbsminderung bleibt deshalb weiterhin mit einem hohen Armutsrisiko verbunden. 760 Euro lägen sogar noch unter der durchschnittlichen Höhe der Grundsicherung von derzeit 800 Euro.


Ost-West-Angleichung

Gleiches Rentenrecht in Ost und West: ein fälliger – um nicht zu sagen: überfälliger – Schritt. Allerdings: Der größte Teil der Beitragszahler muss danach mit niedrigeren Renten rechnen als zuvor, weil die Ost-Löhne nicht mehr wie bisher rentenmathematisch aufgewertet werden. Die Ost-West-Angleichung muss deshalb mit Maßnahmen zur Armutsvermeidung begleitet werden. Und: Das Lohngefälle zwischen Ost und West muss abgebaut werden. Der Weg: Gutes Entgelt durch gute Tarifverträge und möglichst weitreichende Tarifbindung.


Rentenniveau

Nach dem Konzept von Andrea Nahles soll das Rentenniveau bis 2045 nicht unter 46 Prozent eines Durchschnittslohns sinken – nach aktueller Gesetzeslage würde es auf 41,7 Prozent sinken. Die IG Metall fordert dagegen die Stabilisierung des heutigen Rentenniveaus bei einer Haltelinie von 48 Prozent und auf mittlere Sicht eine Erhöhung auf 50 Prozent. Außerdem soll die Rentenentwicklung wieder an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt werden.


Beitragssatz

Nach den Vorschlägen aus dem Bundesarbeitsministerium soll der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 22 Prozent im Jahr 2030 liegen und und danach die Marke von 25 Prozent bis 2045 nicht übersteigen. Die IG Metall begrüßt die Bereitschaft, den Beitragssatz der paritätisch finanzierten gesetzlichen Rente für eine auskömmliche Rente nach oben anzupassen.


Demografie

Laut dem Nahles-Konzept soll der Bund aus Steuermitteln einen sogenannten „Demografiezuschuss“ in die Rentenkasse zahlen. Damit könnte die Rentenversicherung stabilisiert werden, wenn die geburtenstarken „Baby-Boomer“-Jahrgänge in Rente gehen. Die IG Metall hat dazu einen weiteren Vorschlag: eine „Demografiereserve“.

Das heißt: Die Rentenversicherung sollte schon jetzt eine Reserve für die Zukunft aufbauen, indem die Rentenbeiträge schrittweise angehoben werden.


Offene Punkte:

Die Verhinderung von Altersarmut bei langjährig Versicherten. Deren Rente sollte deutlich über der Grundsicherung liegen.

Und schließlich der Hinweis: Gute Renten lassen sich nur durch gute Arbeit erreichen. Prekäre Beschäftigung, Mini-Jobs, Befristungen und unterbrochenen Erwerbsbiografien führen zu mickrigen Renten. Dauerhafte Beschäftigung und verlässliche (Tarif-)Einkommen führen zu auskömmlichen Renten.

 

Fazit:

Die aktuelle Dynamik in der Rentenpolitik ist ein Erfolg der öffentlichen, insbesondere von den Gewerkschaften initiierten Debatte zu notwendigen Reformen bei der Alterssicherung. Die rentenpolitische Kampagne der IG Metall hat hierzu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die IG Metall wird ihre Rentenkampagne fortführen. Ziel: Ein nachhaltiger Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik.

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