Ratgeber
Arbeitgeber darf gefährliche Sportarten nicht verbieten

Der Arbeitgeber kann grundsätzlich einem Beschäftigten nicht vorschreiben, was er in seiner Freizeit tut. Das gilt auch für den Sport. Dabei muss er auch in Kauf nehmen, krankheitsbedingte Fehlzeiten zu vergüten. Doch es gibt Grenzen, so Till Bender vom DGB Rechtsschutz.

5. März 20205. 3. 2020


Sofern der Beschäftigte seine Kräfte richtig einschätzt und die anerkannten Regeln des jeweiligen Sports beachtet, behält er auch seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen Anspruch riskiert er unter Umständen, wenn er sich während der sportlichen Betätigung verletzt. Denn einen solchen Anspruch hat der Arbeitnehmer nur, wenn er den Krankheitsfall nicht selbst verschuldet hat.


Nicht jede Sportverletzung ist selbst verschuldet

Das BAG gesteht den Beschäftigten zu, dass sie sich im üblichen Umfang bewegen und tätig sind. Die Arbeitnehmerin muss sich nicht mit dem Argument abspeisen lassen, dass ohne Sport die Verletzung nicht passiert wäre und daher selbst verschuldet sei.

Ein eigenes Verschulden liegt nach dem Maßstab des BAG dann vor, wenn die Mitarbeiterin in grober Weise und leichtsinnig gegen die Regeln einer Sportart verstößt. Also wenn er vorgeschriebene Sicherungen wie Protektoren, Helme, Schienbeinschoner oder ähnlicher nicht trägt. Aber auch, wenn der Beschäftigte sich weit über seine Kräfte und Fähigkeiten hinaus sportlich betätigt. Etwa wenn ein Skianfänger gleich die „schwarze“ Piste befährt oder ein Wanderer sich nicht ohne vorheriges Training im Felsklettern versucht.


Besonders gefährliche Sportarten

Darüber hinaus gibt es gemäß der Rechtsprechung des BAG Sportarten, die schon an sich besonders gefährlich sind, so dass allein das Ausüben ein Verschulden darstellt. Verletzungen, die bei diesen Sportarten auftreten, sind nicht von der Entgeltfortzahlung erfasst. Das Verletzungsrisiko ist bei diesen Sportarten so groß, dass auch ein gut ausgebildeter Sportler trotz sorgfältiger Beachtung aller Regeln das Verletzungsrisiko nicht vermeiden kann. Bislang hat die Rechtsprechung nur Kickboxen als derart gefährliche Sportart eingeordnet, nicht aber Moto-Cross-Rennen, Amateurboxen oder Drachenfliegen.

Für den Volkssport Fußball hat das BAG bereits im Jahr 1976 ausgeführt: „Fußball ist zwar ein Kampfspiel, das körperlichen Einsatz erfordert und bei dem Verletzungen nicht auszuschließen sind (...) Die Teilnahme an einem Fußballspiel ist eine allgemein gebilligte und übliche sportliche Betätigung.“


Kündigung wegen Sportverletzung

Als mögliche Folge einer Sportverletzung kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung verlieren. Die Arbeitgeberin muss also den Lohn nicht weiter zahlen, ohne jedoch den Sport als solchen verbieten zu können. Demzufolge kann die Arbeitgeberin den Beschäftigten auch nicht abmahnen oder kündigen, wenn er sich einem Sportverbot widersetzt.

Eine Kündigung wäre dann nur aus krankheitsbedingten Gründen möglich – vorausgesetzt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer lang anhaltenden Dauererkrankung nicht mehr vollzogen werden kann oder durch häufige Kurzerkrankungen nachhaltig gestört ist. Zudem müsste zu befürchten sein, dass die Erkrankungen in Zukunft zunehmen. Dieser Nachweis dürfte kaum zu führen sein: Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach Sportverletzungen im Laufe der Zeit zunehmen.


Sport während der Krankheit

Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig geschrieben, darf er nichts tun, was seiner Genesung zuwider läuft. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an: Bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen kann Sport sogar förderlich sein, bei Verletzungen an Muskeln oder Skelett dagegen eher schädlich.

Tut die Arbeitnehmerin etwas, das den Heilungserfolg mindert, verliert er wiederum seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Daneben riskiert er eine Abmahnung und im Wiederholungsfall eine Kündigung.


Sport im Urlaub

Ähnlich ist die Situation im Urlaub. Da dieser der Erholung dient, darf der Arbeitnehmer nichts tun, was die Erholung gefährdet. Das ist in erster Linie der Fall, wenn er erwerbstätig ist oder im Extremfall seine Tätigkeit bei einer anderen Arbeitgeberin verrichtet.

Grundsätzlich ist auch denkbar, dass sportliche Aktivität die Urlaubserholung gefährdet, auch wenn dies schon ein besonderer Einzelfall wäre. Entsprechende Gerichtsurteile gibt es nicht. Auch in diesem Fall riskiert der Arbeitnehmer eine Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung.

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