Metall-Tarifrunde: Warnstreiks ab Januar
Jetzt kommt’s auf alle an

Die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie sind festgefahren. Nun heißt es, Druck machen mit Warnstreiks draußen vor den Toren, damit sich die Arbeitgeber bewegen. Es geht um mehr Geld und um Arbeitszeiten, die zum Leben passen.

2. Januar 20182. 1. 2018


Und es geht darum, wer über die Arbeitszeiten bestimmt. Läuft alles immer so, wie die Arbeitgeber wollen: immer flexibler, länger und rund um die Uhr? Oder auch mal nach den Bedürfnissen der Beschäftigten und ihrer Familien?

Tausende Metallerinnen haben ihre Verhandlungskommissionen mit Kundgebungen unterstützt. Im neuen Jahr rufen wir  flächendeckend in allen Tarifgebieten zu Warnstreiks auf.


Sechs Prozent mehr Geld

Wir fordern sechs Prozent mehr Geld und einen Anspruch für Beschäftigte, ihre Arbeitszeit bis zu zwei Jahre lang auf bis zu 28 Stunden in der Woche verkürzen zu können. Dazu soll es einen Zuschuss geben, um einen Teil des Lohnverlusts auszugleichen, wenn Beschäftigte Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder zur Erholung von belastenden Arbeitszeiten, etwa Schichtarbeit, kürzertreten.

Die Arbeitgeber bieten lediglich zwei Prozent mehr Geld, und auch nur unter der Bedingung, dass die Arbeitszeiten verlängert werden. 40 Stunden in der Woche und mehr sollen es sein, ohne Zuschläge für Überstunden bitte schön. Dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit verkürzen können, wollen die Arbeitgeberinnen nicht ― schon gar nicht mit Zuschuss für Kinder, Pflege und Gesundheit. „Geld fürs Nichtstun“ werde es mit ihnen nicht geben.


Harter Tarifkonflikt steht bevor

In den Medien kündigen die Arbeitgeber die „härteste Tarifrunde der letzten Jahrzehnte“ an. Viel zu teuer sei unsere Lohnforderung. Obwohl die Metall- und Elektroindustrie seit Jahren brummt und Rekordgewinne einfährt. Dass Beschäftigte selbst über ihre Arbeitszeit mitbestimmen können, geht gar nicht. Sie, die Arbeitgeberinnen, wollen entscheiden, wann und wie lange gearbeitet wird, am besten rund um die Uhr, so, wie es der Markt verlangt.


So ist es in den letzten Jahren gelaufen: Die Arbeitszeiten sind immer flexibler geworden, aber immer so, wie es die Arbeitgeber wollen. Fast zwei Drittel der Beschäftigten machen Überstunden, ein Drittel arbeitet Schicht, immer mehr auch am Wochenende. Ihr Leben muss sich nach ihrer Arbeit richten.


Arbeitszeit muss auch zum Leben passen

Wir wollen, dass es auch mal andersherum läuft. Die Beschäftigten wollen Arbeitszeiten, die zu ihrem Leben passen. Das zeigt die Beschäftigtenbefragung der IG Metall. 82 Prozent würden gern ihre Arbeitszeit vorübergehend verkürzen können.

Allerdings sagen auch 57 Prozent, dass sie zwar gern kürzer arbeiten würden, sich es aber finanziell nicht leisten können. Daher fordern wir einen Zuschuss für Beschäftigte, die dringend eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit benötigen. „Die Sorge für Kinder, die Pflege von Familienangehörigen, der Schutz der Gesundheit im Schichtbetrieb ― das sind wichtige gesellschaftliche Aufgaben“, erklärt der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann. „Daran müssen sich die Arbeitgeber beteiligen. Eigentum verpflichtet.“


Mit dem Leben oft nicht vereinbar

Die Arbeitgeberinnen denken nicht daran. Für Sozialleistungen und die familiären Verhältnisse ihrer Beschäftigten seien sie nicht zuständig, sagen sie. Sie rechnen vor, dass durch die Option auf Arbeitszeitverkürzung massiver Fachkräftemangel drohe. Es müsse länger statt kürzer gearbeitet werden. Den Entgeltzuschuss bezeichnen sie als „Stilllegeprämie für Fachkräfte“ ― und als ungerecht, weil er angeblich Beschäftigte diskriminiert, die jetzt schon in Teilzeit arbeiten und den Entgeltzuschuss nicht bekämen. „Wir wollen einen neuen rechtlichen Anspruch schaffen, der für alle zugänglich ist“, macht unser Vorsitzende Jörg Hofmann klar. „An der IG Metall wird der Zugang für Beschäftigte, die schon in Teilzeit arbeiten, nicht scheitern.“

Dabei grenzen die Arbeitgebe rmit ihrem Arbeitszeitmodell von gestern selbst gut ausgebildete Beschäftigte aus, vor allem Mütter und Väter: Vollzeit plus Überstunden plus Flexibilität. Das ist mit dem Leben vieler Menschen nicht vereinbar. Gerade Frauen weichen auf andere Branchen aus, wo sie sich ihre Arbeitszeit flexibler einteilen können.
 


Mehr Fachkräfte durch moderne Arbeitszeiten

Mit Arbeitszeiten, die zum Leben passen, ließen sich mehr Fachkräfte gewinnen. Das zeigen zahlreiche Studien. Sogar das von den Arbeitgeberinnenn finanzierte Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kommt zu dem Schluss, dass Arbeitgeber attraktiv sein müssen, um in Zukunft Fachkräfte zu bekommen, indem sie bei den Arbeitszeiten die Bedürfnisse und Lebenssituation der Beschäftigten berücksichtigen. Die Arbeitgeberinnen behaupten, dass sie das längst tun. Ihr Forschungsinstitut, das IW, sagt etwas anderes. Nur acht Prozent der Unternehmen richten die Personalpolitik nach den Lebenssituationen der Mitarbeiter. Das bestätigen unsere Umfrage: Nur rund ein Zehntel der Betriebe der Metall- und Elektroindustrie bietet Regelungen mit verbindlichen Ansprüchen auf kürzere Arbeitszeiten für Kinder, Pflege und Schichtarbeiter. Die meisten Beschäftigten sind vom Wohlwollen ihrer Chefs abhängig.


Potenzial wird nicht genutzt

Die Arbeitgeberinnen jammern über Fachkräftemangel, aber außer „es muss länger gearbeitet werden“ fällt ihnen nichts ein. Sie bilden zu wenig aus und nutzen das Fachkräftepotenzial in ihren eigenen Belegschaften nicht. Beschäftigte, die sich selbst zum Meister oder Techniker fortbilden, hängen weiter am Montageband. Laut Beschäftigtenbefragung arbeiten 25 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer in der Metallindustrie unter ihrer Qualifikation.

Obendrein stecken 1,44 Millionen Teilzeitbeschäftigte in Deutschland in der Teilzeitfalle. Sie würden gerne ab sofort mehr arbeiten, bekommen jedoch nicht mehr Stunden. Ein Recht auf Rückkehr in Vollzeit, wie wir es fordern, fehlt im Gesetz zur Teilzeit. In der Metallindustrie sind 30 Prozent der Teilzeitbeschäftigten davon betroffen.


Druck für mehr Geld und Arbeitszeit

In den bisherigen Tarifverhandlungen haben unsere Verhandlungskommissionen (siehe Slider) klargemacht, dass es ein Tarifergebnis nur im Paket geben wird: Geld und Arbeitszeit. Wir fordern sechs Prozent mehr Geld und einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre auf bis zu 28 Stunden, mit vollem Recht auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit und Zuschüssen für Familie und Gesundheit. Flexibilität für die Unternehmen gibt es mehr als genug. Nun sind die Beschäftigten dran.

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