Magna in Assamstadt: Beschäftigte erkämpfen Tarifvertrag
Das „Wunder“ von Assamstadt

„Es ist schon ein kleines Wunder für uns“, sagt Sabine Maurer, Betriebsrätin bei Magna in Assamstadt. Nach drei Verhandlungen und einem grandiosen Warnstreik unterschrieb der Arbeitgeber, dem Arbeitgeberverband beizutreten und damit die Metall-Tarifverträge anzuerkennen.

9. Dezember 20169. 12. 2016


Am 24. September 2016 wurde in Assamstadt groß gefeiert ― keine Fasnacht, wofür die kleine fränkische Gemeinde im Nordosten von Baden-Württemberg bekannt ist. Der Grund zum Feiern war dieses Mal ein lang ersehnter Tarifvertrag, den sich die Beschäftigten bei Magna Spiegelsysteme GmbH erkämpft haben.

 

„Wir haben es geschafft. Wir haben einen Tarifvertrag.“ Als die Betriebsratsvorsitzende Sabine Maurer und Gerd Koch, Geschäftsführer der IG Metall Tauberbischofsheim, am Nachmittag des dritten Verhandlungstages vor die versammelte Belegschaft treten und das Ergebnis verkünden, brechen Applaus, Jubel und Tränen aus. Sabine Maurer bezeichnet den Tarifabschluss als „ein kleines Wunder“, bei dem die rund 700 Beschäftigten des Automobilzulieferers ordentlich mitgewirkt haben.


Mit Tarifvertrag ein dickes Plus

Magna wird ab 1. Januar 2017 dem Arbeitgeberverband Südwestmetall beitreten und damit die Flächentarifverträge für die südwestliche Metall- und Elektroindustrie verbindlich anerkennen. Das bringt für die Beschäftigten ein dickes Plus. „Unsere unteren Lohngruppen lagen 20 Prozent unter Tarif“, sagt Sabine Maurer. Zudem bekommen die Beschäftigten rückwirkend ab Juli diesen Jahres 150 Euro plus 2,8 Prozent mehr Lohn ab Oktober 2016, wie es der Metall-Tarifabschluss vorsieht. Ab August 2017 kommen weitere zwei Prozent hinzu.

Bis Anfang 2017 müssen noch einige Übergangsregelungen wie etwa zum Entgeltsystem sowie zur Arbeitszeit und Altersteilzeit abgestimmt werden. Aber das Wichtigste ist in trockenen Tüchern.


Erfolg führt zu Mitgliederzuwachs

„Jahrelang wurden die Beschäftigten immer nur vertröstet“, sagt IG Metall-Geschäftsführer Gerd Koch. Im Frühjahr 2016 hat ihre Geduld ein Ende. Sie gehen auf die Straße und beteiligen sich an den Warnstreikaktionen während der Metall-Tarifrunde. Ein Höhepunkt ist der Warnstreik am 10. Mai 2016, der letztendlich den Durchbruch ermöglichte. Rund 500 Magna-Beschäftigte ziehen vor das Werkstor und durch Assamstadt, unterstützt von weiteren 500 Metallerinnen und Metallern aus anderen Betrieben. So etwas hat die fränkische Gemeinde zuvor außerhalb der Fasnacht noch nicht erlebt. Sabine Maurer spricht von einem „legendären Tag“. Das erste Mal Warnstreik ― seit 30 Jahren. Auch ihr Betriebsratskollege Mike-Xaver Nehls ist von der Aktion überwältigt und bereits damals überzeugt: „Mit der Truppe rockst Du ganz Assamstadt. Da rockst Du die ganze Hütte. Da bleibt der Geschäftsleitung gar nichts anderes übrig als zu sagen: Okay.“

Gewerkschafter Koch ist sich sicher, dass die erfolgreiche Warnstreikaktion die Geschäftsführung und die Konzernspitze in Kanada beeindruckt hat. „Das hat Wirkung gezeigt und zur Unterschrift geführt.“ Und auch unsere Mitgliederzahl ging bei Magna sprunghaft nach oben: „Seit April sind bereits etwa 200 Beschäftigte in die IG Metall eingetreten“, freut sich Gerd Koch. „Das ist ein Sprung von etwa 40 auf über 70 Prozent.“ Das zeigt: Die Beschäftigten wissen, was sie von einem Tarifvertrag haben, der letztendlich nur mit einer stark organisierten Belegschaft zu holen ist.


Der Magna-Konzern

Magna ist ein kanadisch-österreichischer Automobilzulieferer mit Hauptsitz in Kanada und Niederlassungen in 29 Ländern. Weltweit beschäftigt der Konzern 152 000 Mitarbeiter in 316 Produktionsbetrieben und 84 Entwicklungszentren. Der europäische Zweig wird von Wien aus gesteuert. Bei Magna Spiegelsysteme im fränkischen Assamstadt arbeiten etwa 700 Beschäftigte.

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