Jörg Hofmann im Interview
„Wir wollen Höchstgrenzen und nachhaltige Kriterien für Managergehälter“

Die IG Metall will die Managergehälter begrenzen und stärker an den nachhaltigen Unternehmenserfolg koppeln. Vertreter der IG Metall in den Aufsichtsräten wollen dafür Verantwortung übernehmen. Wir sprachen mit dem Ersten Vorsitzenden der IG Metall, Jörg Hofmann.

22. März 201722. 3. 2017


Jörg, die IG Metall will die Managergehälter begrenzen. Warum?
Jörg Hofmann: Seit Jahren kennt die Entwicklung der Vorstandsvergütungen nur eine Richtung: nach oben. Die Vorstände der 30 DAX-Unternehmen verdienen im Schnitt das 57-Fache ihrer Beschäftigten. Vor 20 Jahren war es noch das 14-Fache. Daher begrüßen wir die öffentliche Debatte um Vorstandsvergütungen, Abfindungen und Pensionen. Wir wollen eine Trendwende einleiten. Dazu fordern wir Höchstgrenzen für Vorstandsvergütungen.

Manche kritisieren, die Vertreter der IG Metall in den Aufsichtsräten hätten die hohen Vorstandsvergütungen mit beschlossen. Stimmt das?
Für unsere Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten zählt vor allem der langfristige Unternehmenserfolg, etwa Investitionen in die Zukunft, was ja auch Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen sichert. Doch angesichts der Gehaltsexzesse müssen wir künftig mehr auf die Vergütungen achten. Selbstkritisch muss ich auch sagen: Wir haben oft die Entwicklung der Bonuszahlungen unterschätzt, die den größten Teil der Vergütungen ausmachen. Die Boni sind an die Gewinne und Aktienkurse der Vorjahre geknüpft. Wenn die sehr gut waren, kommen auch in schlechten Jahren bei manchen DAX-Konzernen Bezüge von weit über zehn Millionen Euro zustande. Daher müssen wir auch die Struktur und Kriterien der Vergütungen und Boni korrigieren.

Habt Ihr denn keine Möglichkeit, Bonuszahlungen zurückzufordern, wenn Manager Mist gebaut haben?
Im Nachhinein geht das bisher nicht. Die Boni sind in Verträgen festgeschrieben, an die wir uns halten müssen. Zudem hat die Kapitalseite im Aufsichtsrat immer die Mehrheit durch das doppelte Stimmrecht des Vorsitzenden. Daher fordert die IG Metall Korrekturen: Der Aufsichtsrat muss bei schlechten Leistungen Boni zurückfordern können.

Was ist mit der Obergrenze für Managergehälter? Wo soll die genau liegen?
Wir fordern keine pauschale Obergrenze für alle, sondern individuelle Jahreshöchstgrenzen für jedes Unternehmen. Wir empfehlen, dass der Aufsichtsrat diese Höchstgrenze festlegt. Dabei soll er sich an Vergütungen in vergleichbaren Unternehmen orientieren, vor allem jedoch am Verhältnis der Vergütungen zum Durchschnittsgehalt der normalen Beschäftigten. Beides sollte der Aufsichtsrat offenlegen und damit die Höchstgrenze begründen.

Die SPD plant, dass Unternehmen Vergütungen nur bis 500 000 Euro steuerlich absetzen können. Reicht das nicht?
Das fordern wir auch. So würde zumindest dem Staat und der Gesellschaft ein gerechterer Anteil zukommen. Aber das alleine reicht nicht. Nur wegen der Steuern werden die Vergütungen nicht sinken. Wir brauchen Höchstgrenzen – und wie gesagt auch eine andere Vergütungsstruktur.

Wie soll die Struktur der Vorstandsvergütungen genau aussehen?
Wir wollen die Vergütung stärker an den nachhaltigen Unternehmenserfolg koppeln, etwa an die Sicherung von Arbeitsplätzen, statt an kurzfristige Renditen. Dazu wollen wir die variablen Vergütungsbestandteile – die Boni – auf die zweifache Grundvergütung begrenzen. Zudem soll die variable Vergütung zu zwei Dritteln an langfristige Ziele geknüpft sein. Außerdem sollen die Vorstände ihre Altersvorsorge selbst aus ihrem hohen Gehalt finanzieren.

Kann der Aufsichtsrat das alles leisten? In der Politik wird ja diskutiert, dass die Hauptversammlung der Aktionäre über die Vergütungen entscheiden soll ...
Eine Verlagerung der Zuständigkeit auf die Hauptversammlung würde das Machtgleichgewicht zugunsten der Kapitaleigner und ihrer oft kurzfristigen Renditeziele verschieben. Das wollen wir ja genau nicht. Anders als viele Kapitaleigner haben insbesondere die Arbeitnehmervertreter den nachhaltigen Unternehmenserfolg im Blick. Wir wollen daher, dass der Aufsichtsrat die Verantwortung trägt. Und wir wollen als Aufsichtsratsvertreter der IG Metall diese Verantwortung mittragen. Ein Vorschlag dazu ist, dass bei Vergütungen eine Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat nötig sein muss, damit uns die Kapitalseite nicht mehr überstimmen kann.

Wie sehen die Arbeitnehmervertreter der IG Metall in den Aufsichtsräten diese Forderungen?
Unsere Aufsichtsratsvertreter haben sich dazu gerade in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Und bei VW haben wir gerade eine Höchstgrenze und eine nachhaltigere Struktur durchgesetzt. Das bedeutet bei gleichen Leistungen im Schnitt rund 40 Prozent weniger Vergütung als bisher. Das ist immer noch extrem viel Geld – aber immerhin schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

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