Entscheidung des Europäischen Gerichtshof zum VW-Gesetz
IG Metall begrüßt Urteil zum VW-Gesetz

Der jahrelange Streit um das VW-Gesetz ist endlich beigelegt. Der Europäische Gerichtshof hat die Sonderstellung des Landes Niedersachsen im Aufsichtsrat VW bestätigt. Tanja Jacquemin, Mitbestimmungsexpertin beim IG Metall-Vorstand erklärt, warum das Gesetz so wichtig ist für die Beschäftigten, ...

22. Oktober 201322. 10. 2013


... für den Konzern und auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Was bedeutet die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen VW-Gesetz? Ging es in dem Streit zwischen Brüssel und Berlin um die Interessen der Beschäftigten oder mal wieder um die Kapitalverkehrsfreiheit, also um Vorfahrt für das Kapital? ?
Tanja Jacquemin:
Um Letzteres. Dieser Vorstoß hätte nur der Anteilseignerseite Vorteile gebracht. Aber die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22. Oktober hat hier Klarheit geschaffen. Das Vetorecht des Landes Niedersachsen in der Hauptversammlung wird nicht angetastet.


Im Gegensatz zum VW-Gesetz haben die Beschäftigten nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 im Aufsichtsrat wenig Chancen Entscheidungen der Kapitalseite zu verhindern. Das ist so, weil die Arbeitgeberbank faktisch immer die Durchsetzungsmacht durch das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden hat, der in aller Regel ein Vertreter des Kapitals ist.


Warum ist denn das VW-Gesetzt so wichtig? Was bringt es den VW-Beschäftigten?
Das VW-Gesetz gibt den Beschäftigten über ihre Vertreterinnen und Vertreter im Aufsichtsrat die Möglichkeit einer realen Mitbestimmung. Mithilfe der Zwei-Drittel-Regelung können sie Alleingänge der Kapitalseite in für sie wichtigen Fragestellungen verhindern. Oder anders herum ausgedrückt: Die Anteilseigner können in diesem Zusammenhang keine Maßnahmen gegen den Willen der Arbeitnehmerbank durchsetzen.

Der aktuelle Streit drehte sich darum, dass das Land Niedersachsen mit einem Anteil von 20 Prozent an VW-Aktien ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen des Autobauers hat. Sonst ist dies im Aktienrecht erst ab 25 Prozent Anteil üblich. Das seit 53 Jahren bestehende Gesetz macht damit eine feindliche Übernahme des Wolfsburger Konzerns praktisch unmöglich.

Will die IG Metall in allen Betrieben ein VW-Gesetz?
Die IG Metall will echte Mitbestimmung in den Unternehmen. Das VW-Gesetz bietet sehr gute Ansatzpunkte.

Welche Rolle spielt denn die IG Metall bei der Diskussion um das VW-Gesetz?
Die IG Metall ist durch den hervorragenden Organisationsgrad im VW-Konzern in der Lage, als Sprachrohr der Belegschaft auf den politischen Bühnen aufzutreten. Da sich die Beschäftigten fast alle mit ihrer Mitgliedschaft zur IG Metall bekennen, hat sie einen entscheidenden Einfluss auf den Prozess.

Gab es auch Unterstützung von Seiten der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung?
Von beiden Seiten gab es ein großes Interesse daran, das VW-Gesetz zu halten. Der VW-Konzern ist einer der weltweit größten und somit einer der wichtigsten Spieler in der deutschen Wirtschaft. Das Kapital hat in den letzten 20 Jahren eindrucksvoll bewiesen, dass es dort hingeht wo es sich am schnellsten vermehren kann. Arbeitsplätze und Menschen spielen da oft keine Rolle. Das VW-Gesetz garantiert, dass Arbeitsplätze und Produktion nicht beliebig ins Ausland verlagert werden.

Was hätte es bedeutet, wenn der Europäische Gerichtshof anders entschieden hätte?
Dann hätte das Land Niedersachsen die alleinige Sperrminorität verloren. Dass der Europäische Gerichtshof das VW-Gesetz nun in seiner jetzigen Fassung bestätigt hat, ist ein positives Zeichen hinsichtlich der Mitbestimmung und eine Absage an alle diejenigen, die immer wieder die deutsche Mitbestimmung auf ein niedrigeres Niveau drücken wollen.

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