Schwarz-Rote Regierungsbildung
Neue GroKo: Der Koalitionsvertrag im IG Metall-Check

Die Entscheidung für eine neue GroKo ist gefallen. Wir zeigen, was der Koalitionsvertrag von Union und SPD für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bietet.

5. März 20185. 3. 2018


14 Kapitel, 177 Seiten In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD einiges vorgenommen. Der Vertrag ist das Arbeitsprogramm für eine neue Große Koalition. Doch was bietet der Koalitionsvertrag für Beschäftigte? Für Eltern, für Rentner, für Auszubildende?

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, kommt zu einem klaren Urteil: „Rente, Weiterbildung, Parität – das sind drei dicke Pluspunkte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Und nicht zuletzt begrüßt Hofmann das klare Bekenntnis zu Europa. Denn: „Deutschland profitiert wie kein anderes Land von der Europäischen Union.“


Die Pluspunkte für Beschäftigte im Überblick:


Bildung
Digitalisierung und Globalisierung bringen Umbrüche in der Arbeitswelt. Um sie zu bewältigen, sind Bildung und Weiterbildung unerlässlich. Union und SPD planen in diesem Bereich zahlreiche Maßnahmen: Bessere Ausstattung der Berufsschulen, Verbesserungen bei BAföG und Aufstiegs-BAföG, Steuerfreiheit für Arbeitgeberzuschüsse zur Weiterbildung, eine nationale Weiterbildungsstrategie für Arbeitnehmer und Arbeitssuchende, Stärkung des Initiativrechts der Betriebsräte für Weiterbildung.

Betriebsräte, Mitbestimmung, Tarifbindung
Die Gründung und Wahl von Betriebsräten sollen erleichtert werden. Das vereinfachte Wahlverfahren wird für alle Betriebe mit fünf bis 100 wahlberechtigten Beschäftigten verpflichtend. Betriebe bis 200 Wahlberechtigte sollen das vereinfachte Verfahren ebenfalls anwenden können. Verlagern Unternehmen ihren Sitz ins Ausland, sollen deutsche Vorschriften über die Mitbestimmung gesichert werden. Auch die Tarifbindung soll gestärkt werden. Wie das geschehen soll, bleibt allerdings noch offen, konkrete Maßnahmen fehlen.

Rente
Das Rentenniveau soll bis 2025 bei 48 Prozent stabilisiert werden, der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 20 Prozent des Bruttolohns steigen. Eine Grundrente wird eingeführt, die um zehn Prozent über der Grundsicherung im Alter liegen soll. Die Erwerbsminderungsrente wird verbessert.

Krankenversicherung
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen die Krankenkassen-Beiträge künftig wieder zu gleichen Teilen tragen („Parität“). Bislang waren die Beiträge der Arbeitgeber gedeckelt. Beschäftigte mussten steigende Zusatzbeiträge allein bezahlen. Die Wiederherstellung der Parität haben die Gewerkschaften lange gefordert.

Verkehrs- und Energiewende
Beide Mega-Projekte sollen mit den Gewerkschaften gemeinsam gestaltet werden. Verstärkte Investitionen in die Infrastruktur sind geplant – zum Beispiel in Ladepunkte für E-Autos und für den Internetausbau.

Steuern und Investitionen
Steuerliche Maßnahmen, die die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung reduzieren, finden sich nicht. Dagegen soll die schwarze Null weiter als Haushaltsziel gelten. Notwendige Zusatzinvestitionen in Infrastruktur und Bildung unterbleiben daher.

Familie und Beruf
Die Vereinbarkeit von Job und Familie soll verbessert werden, zum Beispiel durch Kita-Ausbau und einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Ein Recht auf befristete Teilzeit ist geplant. Das Kindergeld wird in zwei Stufen um insgesamt 25 Euro pro Kind und Monat erhöht.

Befristung
Die sachgrundlose Befristung wird eingeschränkt: Arbeitsverträge dürfen nur noch auf 18 statt auf 24 Monate befristet werden, Firmen dürfen nur noch eine kleine Zahl der Beschäftigten grundlos befristen, Kettenbefristungen sollen wegfallen. Das ist positiv, auch wenn die IG Metall die komplette Abschaffung der sachgrundlosen Befristung fordert.

Offene Fragen
Zu einigen Themen steht nichts Konkretes im Koalitionsvertrag. Stattdessen sollen Kommissionen Konzepte erarbeiten – zum Beispiel für die Rentenpolitik nach 2025 oder die Mobilität der Zukunft. Es besteht die Gefahr, dass notwendige Entscheidungen, vertagt werden. Positiv: Die Gewerkschaften werden einbezogen. Das schafft Gehör für die Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Fazit von Jörg Hofmann:
Fakt ist, bei aller berechtigten Kritik in Einzelpunkten: Derzeit ist keine politische Mehrheit erkennbar, die mehr für die Beschäftigten bringt. „In vielen Bereichen wird es noch heftige Debatten geben – aber das soll es ja auch. Wir wollen, dass endlich wieder deutlich wird, für was die Parteien stehen. Am Ende wird es aufs Kleingedruckte ankommen. Deshalb werden wir uns einbringen und – wie schon im Bundestagswahlkampf – Forderungen in den Mittelpunkt stellen, die die Beschäftigten sicher, gerecht und selbstbestimmt durch die Transformation der Industrie bringen. Und zwar alle!“

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