Erwerbslosenarbeit in der IG Metall
„Störenfriede“ treffen den Nerv

Sie beraten, kommen mit zum Amt und leisten Hilfe zur Selbsthilfe: Viele Metallerinnen und Metaller engagieren sich für ihre erwerbslosen Kolleginnen und Kollegen. In rund 50 Erwerbsloseninitiativen bundesweit mischt die IG Metall aktiv mit – und das nicht ohne Erfolg, wie zwei Beispiele zeigen.

7. August 20137. 8. 2013


„Um unsere arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen kompetent beraten zu können, müssen wir uns selbst regelmäßig schulen und qualifizieren“, sagt Michael Melcher. Denn sein Engagement erfordere immer, up-to-date sein. Im Fünfer-Team berät der Ex-VWler in Wolfsburg erwerbslose Metallerinnen und Metaller, aber auch jene, denen Arbeitslosigkeit droht.

Arbeitslos – nicht wehrlos“, kurz ANW, nennt sich der Arbeitskreis der IG Metall Wolfsburg, in dem sich sowohl Erwerbslose als auch Beschäftigte ehrenamtlich engagieren. Der Wolfsburger Arbeitskreis ist einer von rund 50 Erwerbsloseninitiativen bundesweit, die die IG Metall betreut. Bei ihrer Arbeit geht es in erster Linie um die Solidarität mit arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen. Und es geht um Hilfe zur Selbsthilfe.

Breites Spektrum an Hilfsangeboten

In Wolfsburg machen zwölf Personen aktiv mit. Fünf von ihnen sind Berater. Zweimal in der Woche beraten die ehrenamtlichen Helfer Ratsuchende in einem extra dafür eingerichteten Büro der IG Metall in Wolfsburg. Ihre Themen und Hilfsangebote umfassen ein breites Spektrum: Neben Fragen rund um das „Arbeitslosengeld I und II“ (ALG) geht es vor allem darum, welche Leistungen Erwerbslosen zustehen. Ob ALG I oder II, Kindergeld, Wohngeld oder Rentenbezüge ― die Aktiven von ANW helfen Anträge ausfüllen, Ein- und Widersprüche schreiben oder überprüfen Bescheide.

Der Verlust eines Arbeitsplatzes ist für viele Menschen ein Schock, den sie erst einmal verkraften müssen. Wer erwerbslos wird, muss meist jeden Euro zweimal umdrehen. Geldsorgen sind daher nicht selten ein Problem, dem sich die Arbeitskreis-Leute mit einer Schuldenberatung annehmen. Arbeitslosigkeit bedeutet aber nicht nur finanzielle Einbußen, sie zieht oftmals auch soziale Ausgrenzung und Isolation nach sich. Betroffene finden deshalb bei der IG Metall auch soziale Räume, wo sie sich austauschen und wechselseitig unterstützen können. Oder einfach mal zusammen frühstücken. „Die Botschaft lautet: Du bist willkommen, wir sind für dich da“, sagt Michael Melcher. „Deshalb bieten wir zweimal im Jahr in Wolfsburg ein Erwerbslosenfrühstück in lockerer Atmosphäre an.“

Hartz IV-Falle vermeiden

Günther Kleine und sein Team haben den Ehrgeiz, dass die Erwerbslosen erst gar nicht in die Hartz IV-Falle rutschen und innerhalb des ersten halben Jahres wieder einen Job finden. Der 66-jährige Hannoveraner hat als Ingenieur bei Volkswagen gearbeitet und war dort 17 Jahre lang im Betriebsrat. Jetzt nutzt er seine Rentnerzeit und engagiert sich für „ Metaller helfen Metallern“. So nennt sich das Dreier-Team, das sich seit Mai 2006 um erwerbslose IG Metall-Mitglieder in Hannover kümmert.

Auch für die drei Metaller steht Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund. Sie schreiben und rufen Arbeitssuchende an und weisen sie auf Stellenangebote hin. „Jeden Dienstag zeigen wir, was für eine zeitgemäße Bewerbung wichtig ist. Wir geben Tipps, wie und wo man freie Stellen findet. Wir trainieren Bewerbungsgspräche und coachen unsere Kolleginnen und Kollegen ― bis zur Arbeitsaufnahme, wenn die Bewerbung erfolgreich war“, erklärt Günther Kleine. Etliche Erwerbslose konnten mit Hilfe des IG Metall-Teams eine Arbeitsstelle finden. „Die Zahl der arbeitslosen Mitglieder in Hannover ist um zwei Drittel zurückgegangen, seit dem wir aktiv sind“, sagt der Metaller stolz.

Den politischen Nerv treffen

Aber auch politisch mischen sich die Aktiven der IG Metall-Erwerbsloseninitiativen ein und zeigen Präsenz. „Wir wollen mit unseren Themen den Nerv treffen“, erklärt Michael Melcher. Zu den erfolgreichen Kampagnen des Wolfsburger ANW-Arbeitskreises gehörte die Mobil-Card, mit der sozial Schwache zum günstigen monatlichen Festpreis den öffentlichen Nahverkehr in Wolfsburg frei nutzen können. Aktuell hat das Arbeitskreis-Team die steigenden Energiekosten auf seiner Agenda stehen. Hier fordern die Metallerinnen und Metaller gemeinsam mit Mieterbund und Paritätischem Gesamtverband, dass Energie auch für einkommensschwache Haushalte bezahlbar sein muss. Für Michael Melcher gehören beim Wohngeld neben den Heizkosten auch die steigenden Stromkosten berücksichtigt.

„Wir sind Störenfriede“, betont Günther Kleine. Die Arbeitslosen dürften nicht allein gelassen werden. Hier sei auch die Politik gefordert. „Acht Prozent Arbeitslose sind in einem so reichen Land wie Deutschland ein Skandal!“

Ratgeber zum Thema für Mitglieder (PDF)

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen