Umfrage in der Windkraftindustrie
Was Betriebsräte über die EEG-Reform denken

Die Bundesregierung reformiert das Erneuerbare Energien-Gesetz. Für Deutschlands erfolgreiche Windindustrie bedeutet das nichts Gutes: Sie muss sich ihre Märkte verstärkt im Ausland suchen. Das zeigt eine neue Betriebsrätebefragung.

21. Juni 201621. 6. 2016


Das Erneuerbare Energien-Gesetz ― kurz: EEG ― gilt vielen Experten als eine Art Wunderwaffe. Das Gesetz garantiert Ökostrom-Produzenten feste Preise. Dadurch werden Wind- und Solarstrom-Projekte planbar, die Finanzierungskosten sinken. Das EEG hat Deutschland in wenigen Jahren zum Ökostrom-Vorreiter gemacht. Doch damit könnte bald Schluss sein.

Die anstehende Reform des EEG bringt einen neuen Grundsatz: Statt fester Vergütungen gibt es Ausschreibungen. Der Anbieter mit dem niedrigsten Preis erhält den Zuschlag – und darf die neue Windkraft- oder Solaranlage bauen.

Durch die Ausschreibungen kann die Regierung den Ökostrom-Ausbau steuern. Sie legt fest, wie viele Megawatt überhaupt ausgeschrieben werden. Doch was bedeutet das neue Verfahren für Deutschlands Windkraft-Industrie?


Düstere Stimmung

Die IG Metall hat Betriebsräte aus der gesamten Branche befragt ― von Turbinenherstellern über Wartungsfirmen bis hin zu Produzenten von Rotorblättern. Insgesamt repräsentiert die Befragung über 19 000 Beschäftigte.

Das Ergebnis ist eindeutig: 80 Prozent der Betriebsräte erwarten, dass die EEG-Reform sich negativ auf die Branche auswirkt. 60 Prozent rechnen mit negativen Folgen für ihren eigenen Betrieb. Noch höher liegen die Zahlen in Betrieben, bei denen die Windenergie mindestens die Hälfte des Umsatzes ausmacht (88 bzw. 68 Prozent).

Mit zusätzlichen Aufträgen in den kommenden Jahren rechnen nur 16 Prozent der Betriebsräte. Fast ein Viertel erwartet eine schlechtere Auftragslage.

„Das neue EEG drosselt nicht nur den Ausbau der Windenergie, sondern auch den Aufbau von Beschäftigung und Wertschöpfung“, sagt Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste. Die Unternehmen müssten verstärkt auf andere Standbeine und ausländische Märkte setzen. Außerdem steige der Druck auf die Belegschaften: „Die Unternehmen werden versuchen, die Kosten zu Lasten der Beschäftigten in Konstruktion, Produktion und Montage weiter zu senken.“


Entschärft ― aber nicht harmlos

Die Regierung gefährdet damit eine industrielle Erfolgsgeschichte. Allein in der deutschen Windkraftbranche sind bis heute über 150 000 Arbeitsplätze entstanden. In der gesamten Ökostrombranche sind es rund 370 000. Die Energiewende ist ein Jobmotor. Fragt sich nur: Wie lange noch?

Zuletzt gab es noch Änderungen an der EEG-Reform. Der Zubau von Windkraft an Land soll weniger gedrosselt werden, als ursprünglich geplant. 2 800 Megawatt dürfen pro Jahr hinzukommen. Allerdings brutto: Das heißt, die Aufrüstung bestehender Anlagen wird mitgerechnet.

An der Einschätzung der EEG-Reform in den Betrieben dürften die Korrekturen wenig ändern. „Die Reform wird der Branche einen Dämpfer verpassen“, sagt etwa Thomas Ahme, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei der Hamburger Siemens-Niederlassung, wo Offshore-Windkraftprojekte geplant werden.

Für Deutschlands Windkraftbranche wird der Wind rauer.

 

Zu der Befragung:

Die Befragung hat die Agentur für Struktur- und Personalentwicklung (AgS) aus Bremen im Auftrag der IG Metall durchgeführt. Es beteiligten sich Betriebsräte aus 42 Unternehmen. Sie repräsentieren mehr als 19.000 Beschäftigte ― vor allem aus den fünf norddeutschen Bundesländern, aber auch aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

 

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