Detlef Wetzel über sein Buch „Arbeit 4.0“
Eine Reise in die Zukunft der Arbeit

Digitalisierung, steigendes Arbeitstempo, alternde Bevölkerung: Deutschlands Arbeitswelt ist im Umbruch. Wie wir auch morgen noch gut leben und arbeiten können. Von Detlef Wetzel

13. Juli 201513. 7. 2015


Computer aus, raus aus dem Büro, rein in die Betriebe: Wer wissen will, wohin der Industriestandort Deutschland steuert, muss sich auf die Reise machen. Muss Unternehmen besichtigen, Forscher interviewen, und muss vor allem: den Beschäftigten zuhören. Das habe ich getan. Die gesammelten Erfahrungen sind zusammengefasst in dem Buch „Arbeit 4.0 – Was Beschäftigte und Unternehmen verändern müssen.“

Anlass für eine Deutschlandreise gibt es genug: Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Die Industrie steht vor einer neuen Welle der Automatisierung durch vernetzte Maschinen und Anlagen. Smartphone und Laptop ermöglichen das Arbeiten an jedem Ort rund um die Uhr – was viele Menschen eher als Fluch denn als Segen empfinden. Gleichzeitig steht die Alterspyramide Kopf: Belegschaften altern, Nachwuchskräfte werden rarer.

Was bedeutet all das für unser hochindustrialisiertes Land? Was muss Deutschland tun, damit die Zukunft nicht nur genug Arbeit, sondern vor allem genug gute Arbeit bereithält?

Zeichen der Zeit

Noch ist schwer abzusehen, wie die Arbeitswelt der Zukunft genau aussehen wird. Fest steht aber: Abwarten und zurücklehnen ist keine Option. Die Herausforderungen sind zahlreich: Digitalisierung der Wirtschaft, höhere Anforderungen an Aus- und Weiterbildung, zeitgemäße Arbeitszeitpolitik, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die zunehmenden psychologischen Belastungen am Arbeitsplatz.

Die wichtigste Erkenntnis meiner Zukunftsreise lautet: Für alle genannten Herausforderungen sind bereits Lösungsansätze vorhanden: vor Ort, bei den Beschäftigten in den Betrieben. Sie müssen deshalb beteiligt werden.

Bei Porsche habe ich Jugendliche getroffen, die andere Betriebe längst abgeschrieben hatten. Porsche gibt ihnen in einem Förderjahr die Chance auf eine Ausbildung – und die meisten schaffen es. Damit stärkt das Unternehmen die Basis für den Erfolg der deutschen Industrie: gut qualifizierte Facharbeit. Experten wie die Arbeitssoziologin Sabine Pfeiffer halten diese Qualifikationsbasis für einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Das Können der Facharbeiter wird entscheidend dazu beitragen, die Digitalisierung der Industrie erfolgreich zu gestalten.

Flexibler arbeiten

Beim IT-Dienstleister Gothaer Systems in Köln hat der Betriebsrat eine Arbeitszeitregelung ausgehandelt, die die Bedürfnisse der Beschäftigten ins Zentrum rückt. Gleitzeit, flexible Zeiteinteilung, Verzicht auf eine Kernarbeitszeit. Für die Beschäftigten ist das eine enorme Hilfe, um Job und Familienleben unter einen Hut zu bringen.

Bei der ThyssenKrupp Rasselstein GmbH machen die Beschäftigten Ernst in Sachen altersgerechter Arbeitsplatz und Prävention. Dort gibt es ein Fitnessstudio, Ernährungsberatung und Stressmanagement – alles finanziert vom Unternehmen.

Die erfolgreichen Beispiele zeigen: Es gibt zahlreiche Konzepte, um die Industrie in Deutschland zu modernisieren und so das Rückgrat unseres Wohlstands zu stärken. Die IG Metall sieht sich hier als Ideengeber und Mittler, der Praktiker und Theoretiker zusammenbringt.

Die Beschäftigten wissen meist selbst am besten, was verbessert werden muss. Ihnen zuzuhören, ihre Ideen miteinzubeziehen, sie selbst über Arbeitsbedingungen, Prozesse und Innovationen mitentscheiden zu lassen – darin liegt der Schlüssel für die Zukunft der Arbeit.

Details zum Buch:
Detlef Wetzel
„Arbeit 4.0 – Was Beschäftigte und Unternehmen ändern müssen“
Herder-Verlag
ISBN 978-3-451-31306-6

Im Video: Detlef Wetzel über die Industrie 4.0:

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