Crowdworking: Studie des Hugo-Sinzheimer-Institut (HSI)
„Die IG Metall ist auf der Höhe der Zeit“

Die Vergabe von Aufträgen über Plattformen bringt eine neue Art der Beschäftigung hervor: das Crowdworking. In Berlin wurde jetzt eine Studie des Hugo-Sinzheimer-Institut vorgestellt, das Arbeitsbedingungen und rechtliche Grundlagen von Crowdworkern untersucht.


Die Digitalisierung verändert nicht nur die Werkhallen, sie wandelt auch die Büroarbeit, plattform-basierte Modelle werden für die Unternehmen immer wichtiger. Das wirtschaftliche Potenzial, das in Crowdsourcing steckt, ist noch lange nicht ausgeschöpft – aber längst kein Randphänomen mehr: Immer mehr Unternehmen nutzen die Möglichkeit des Outsourcing von Unternehmensaufgaben an eine unbekannte Menge von Menschen.

Crowdsourcing kann dabei in allen Teilen des Wertschöpfungssystems angewendet werden. Es gibt im Moment eine regelrechte Welle, solche Arbeitsformen in den Unternehmen zu etablieren. So hat der Autobauer Daimler angekündigt, den Themenkomplex „Autonomes Fahren – Digitalisierung – Car Sharing und Elektromobilität“ in einem „Schwarm“ bearbeiten zu lassen; 20 Prozent der Beschäftigten sollen demnächst in Schwarmorganisationen mitarbeiten. Ein anderes Mal wiederum werden Aufträge nach außen gegeben. Airbus, BMW oder VW arbeiten etwa derzeit mit externen Plattformen zusammen. 32 Crowdworking-Plattformen haben einen Sitz in Deutschland. Rund eine Million Menschen sind in Deutschland auf digitalen Plattformen aktiv. Viele machen das nebenbei, einige in Vollzeit.


Beschäftigte fordern gute Arbeitsbedingungen

Für diese Menschen, das machte Christiane Benner auf der Pressekonferenz „Crowdwork im internationalen Vergleich“ in Berlin klar, müssen gute Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung durchgesetzt werden – dafür hat die IG Metall in ihrer Beschäftigtenbefragung mit über 680 000 Teilnehmern gerade ein starkes Mandat erhalten: 93,5 Prozent der Befragten fordern Sicherheit und eine berufliche Perspektive in einer digitalen Wirtschaft. „Die IG Metall möchte, dass die Chancen durch vernetztes Arbeiten genutzt werden können“, betont die Zweite Vorsitzende der IG Metall. „Ob aus Sicht der Beschäftigten für eine bessere Vereinbarkeit oder hierarchiefreieres Arbeiten. Oder ob aus Sicht der Unternehmen für schnellere Innovationen und kreative Lösungen.“

Dabei, davon ist Benner überzeugt, kann es gelingen, digitale Arbeit durch gewerkschaftliche Mitbestimmung und umfangreiche Beteiligung der Beschäftigten so gut zu gestalten, dass die innovativen, kreativen Potentiale neuer Arbeitsformen zur Geltung kommen. Voraussetzung hierfür allerdings sei, dass Crowdsourcing rechtlich eingebunden wird, dass Crowdworker faire Vertragsbedingungen, einen rechtlichen Schutz erhalten. „Deshalb ist es wichtig, dass der Status von Crowdworkern geklärt ist, dass klar ist, ob sie arbeitnehmerähnlich, selbständig oder abhängig beschäftigt sind“, so Christiane Benner. „Der Status hat Auswirkungen auf die Rechte der Menschen, die plattformbasiert arbeiten. Und auf ihre soziale Absicherung.“

Wie die soziale Absicherung gestärkt, wie die Arbeitsbedingungen von Crowdworkerinnen und Crowdworkern werden können – das hat umfassend ein vom Hugo-Sinzheimer-Institut (HSI) in Auftrag gegebenes Gutachten untersucht. Die Autoren, die ihre Ergebnisse nun in Berlin vorstellten, beleuchteten darin die Situation von Crowdworkern in Deutschland, den USA und Japan – und kommen zu dem Schluss, dass sozialpolitischer Handlungsbedarf gegeben ist. Notwendig sei, bestehendes Recht konsequent umsetzen und, wo das aufgrund neu entstandener Arbeitsformen notwendig ist, weiter zu entwickeln, schreibt das Forscherteam um Professor Wilma Liebman von der Rutgers Univerity in New Jersey und Professor Bernd Waas von der Universität Frankfurt. Mit einer zeitgemäßen juristischen Auslegung des Heimarbeitsgesetzes zum Beispiel ließen sich weitreichendere Schutzbestimmungen durchsetzen.


Bestehendes Recht konsequent umsetzen

Auch jenseits einer rechtlichen Nachjustierung lässt sich eine Menge tun – das beweist die erfolgreiche Arbeit der IG Metall auf diesem Gebiet. Gemeinsam wurde schon viel erreicht: Regelmäßig gibt es Workshops mit Crowdworkerinnen und Crowdworkern. Auf dessen Grundlage und unter Federführung der IG Metall wurde 2016 die „Frankfurter Erklärung“ verfasst. Sie formuliert die Kriterien für „gute Arbeit“ auf Plattformen. Ein intensiver Dialog wird auch mit den acht Crowdwork-Plattformen geführt, die einen „Code of Conduct“ unterzeichnet haben. In der Selbstverpflichtung sind Leitlinien für ein vertrauensvolles und faires Miteinander definiert. Unter Mitwirkung der IG Metall wurde er im Januar 2017 verbessert, jetzt wurden auch lokale Lohnstandards als Ziel aufgenommen. Seit 2016 können Solo-Selbstständige zudem Mitglied der IG Metall werden. Sie erhalten damit rechtliche Schutzmöglichkeiten und spezifische Beratungsangebote.

Schließlich ist seit Mai 2015 die Website faircrowdwork.org online. Sie dient als digitale Anlaufstelle für Crowdworkerinnen und Crowdworker – und wurde gerade neu gestaltet. „Wir haben uns für ein neues Bewertungssystem entschieden, indem aus dem direkten Kontakt mit Crowdworkerinnen und Crowdworkern qualitative und nachvollziehbare Einschätzungen entwickelt werden“, sagt Christiane Benner. „Die Beratungsangebote auf unserer Website bleiben in der gewohnten Qualität und werden systematisch ausgebaut.“

Zukunft der Arbeit - Crowdworking

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