Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer
IG Metall bietet konstruktive Mitarbeit an

Die IG Metall unterstützt das Ziel der Bundesregierung, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu erhöhen. Allerdings ist die Rente mit 67 dafür völlig ungeeignet. Daran ändern auch die heute von Arbeitsministerin von der Leyen vorgelegten Zahlen und die Ergebnisse der Forschungsinstitute IAB ...

17. November 201017. 11. 2010


... und IW nichts. Wer mehr Ältere in Beschäftigung bringen will, darf das nicht mit einer verdecken Rentenkürzung erzwingen, sondern muss körperliche und psychische Belastungen am Arbeitsplatz reduzieren.

Arbeitsministern Ursula von der Leyen hat dem Bundeskabinett heute den Bericht zur Rente mit 67 vorgelegt: Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 60 bis unter 65 Jahren liegt demnach für 2009 bei rund 23 Prozent . „Die IG Metall bestreitet diese Zahlen nicht. Allerdings sprechen sie nicht für, sondern gegen die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters“, erklärte Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, am Mittwoch in Frankfurt. Analysiert man die Zahlen genauer, arbeiten nur 15 Prozent der Beschäftigten im Alter zwischen 60 bis einschließlich 65 Jahren in einem normalen Vollzeitjob. Viele andere arbeiteten in atypischen und prekären Jobs, wie zum Beispiel als Leiharbeiter oder geringfügig Beschäftigte. „Das ist kein Ruhmesblatt und schon gar kein Grund zum Jubeln“, kritisierte Huber.

Huber bekräftigte deshalb die Forderung, die Rente mit 67 auszusetzen: „Die Rente mit 67 ist eine Sackgasse. Sie ignoriert die Arbeitsbedingungen in Betrieben und Verwaltungen“, so Huber. Allein in der Industrie müsse ein Drittel der Beschäftigten wegen der Belastungen am Arbeitsplatz, wie Schicht-, Nacht- und Wochenendarbeit aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Statt der Erhöhung der Regelaltersgrenze sei ein Konzept eines flexiblen Übergangs in die Rente nötig, in dem die Belastungen am Arbeitsplatz und die Dauer der Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung eine wichtige Rolle spielen. An einem solchen Konzept arbeiten wir konstruktiv mit.„

Was eigentlich getan werden muss
Niemand bezweifelt, dass sich die Zahl der Rentenbezieher und die durchschnittliche Rentenbezugsdauer erhöhe. Entscheidend für die Stabilität der Rentenfinanzen sei aber erstens, wie sich die Anzahl der Beitragszahler in Zukunft entwickle. Zweitens käme es darauf an, welche Arbeitsverhältnisse und welche Entgelte die Beschäftigten erhalten, die in die Rentenkassen einzahlen. Wer jungen Menschen die Zukunft verbaut oder ihnen bestenfalls nur Leiharbeit und Niedriglohn bietet, der zerstört die gesetzliche Rente. Deshalb muss sich die Bundesregierung um die richtigen Dinge kümmern:

  • Leiharbeit eindämmen
  • Niedriglohn austrocknen
  • mehr Investitionen in Bildung und Qualifizierung statt den Menschen ein Drittel ihrer gesunden Jahre im Ruhestand zu rauben.


Weitere fragwürdige Begründungen für die Rente mit 67
Beim Beschluss im Jahr 2007 wurde die Rente mit 67 ausschließlich mit dem angeblich problematischen Verhältnis von Beitragszahlern und Beitragsbeziehern argumentiert. Jetzt werden weitere Argumente angeführt, um sie politisch durchzusetzen. Vor allem der Fachkräftemangel sollte mit dem verspäteten Renteneintritt abgemildert werden.
Der allerdings kann durch die Rente mit 67 nun erst recht nicht nachhaltig bekämpft werden. Huber stellte in diesem Zusammenhang richtig: „Nun jammern die Arbeitgeber über den Fachkräftemangel. Sie behaupten, die Rente mit 67 Jahren sei ein Ausweg. Welche eine Verdrehung der Tatsachen! Wenn all die älteren Fachkräfte so wichtig für die Betriebe sind, warum werden sie dann nicht beschäftigt? Und vor allem: Wer hunderttausende von jungen Menschen nicht ausbildet und wer die Weiterbildung zurückfährt, der soll nicht mit der Rente mit 67 kommen.“
Der große Bedarf an Fachkräften wird durch die Rente mit 67 noch lange nicht gedeckt. Nur wenn insgesamt vor allem mehr Frauen in allen Altersgruppen sowie mehr Menschen zwischen 50 und 60 Jahren arbeiten, sowie mehr in Bildung und Qualifizierung investiert wird, kann der Fachkräftemangel erfolgreich bekämpft werden.

Wer diese Überlegungen berücksichtigt kommt auch zu einem völlig anderen Schluss, als die heute von der „Financial Times Deutschland“ zitierten Ökonomen. IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) und IW (Institut der deutschen Wirtschaft), halten demnach einen Beschäftigungsaufbau bei älteren Arbeitnehmern für möglich.
Sie legen dabei einen höchst fragwürdigen Automatismus zu Grunde: der demografibedingte Mangel an jungen Fachkräften und die Tatsache, dass die Politik die Anreize zur Frühverrentung reduziert, würden die Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt erhöhen.
Die schlechte Ausbildungs- und Arbeitsplatzssituation junger Menschen und eine aufgezwungene längere Lebensarbeitszeit, können aber nun wirklich nicht als ernsthafte Argumentation für bessere Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer herangezogen werden.
Statt auf fragwürdige Zahlenspiele setzt die IG Metall auf die oben beschriebenen konkreten Lösungen. Diese auszuarbeiten, ist sie jederzeit bereit.

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